Kommentar G20-Protest und die Polizei: Übel und gefährlich

Gewalt ist kein Mittel der politischen Auseinandersetzung. Sie bewirkt das Gegenteil. Von den anderen wird jetzt niemand mehr sprechen.

Eine Szene mit Feuer, Rauch und Menschen aus dem Hamburger Schanzenviertel

Gewalt ist keine Lösung Foto: reuters

Es war, sorry für die Wortwahl, eine Scheißidee, den G20-Gipfel in Hamburg zu veranstalten. 20.000 PolizistInnen sollen eine offene Stadtgesellschaft in Schach halten, damit sich die Mächtigen der Welt ein Stelldichein geben können. Was soll das?

Schon klar, miteinander sprechen ist besser als nicht oder gar übereinander zu reden. Aber Flugplätze und Hotels, in denen man das tun kann, gibt es auch außerhalb von Städten. Oder in der Wüste. Egal. Lasst euch was einfallen, statt tagelang Hubschrauber ihren enervierend aggressiven Lärm veranstalten und Polizeibeamte ganze Viertel drangsalieren zu lassen.

G20 in Hamburg war aber auch eine Scheißidee, weil diese wunderbare Stadt handstreichartig von Autonomen für deren Zwecke vereinnahmt werden konnte. Was am Freitagabend im Schanzenviertel abgelaufen ist, war nämlich absolut vorhersehbar. Barrikaden, Plünderungen, Brandstiftungen – gegen diese gnadenlose Gewaltbereitschaft in einem Wohnviertel war die Polizei nahezu machtlos.

Auf dem Schulterblatt vor der Roten Flora wurden in aller Seelenruhe Barrikaden errichtet. Schwarz Vermummte zerstörten schweigend vor den Augen der AnwohnerInnen Blumenkübel. Warum? Weil sie es konnten. Später zündeten sie eine Bank an und plünderten Geschäfte.

Kein Mittel der politischen Auseinandersetzung

Vielleicht soll man sich nicht so haben, weil das a) schon immer so war oder b) irgendwie Kapitalismuskritik sein soll. Aber ganz ehrlich: Es war einfach nur übel und gefährlich.

Gewalt ist kein Mittel der politischen Auseinandersetzung. Sie bewirkt das Gegenteil. Denn Gewalt diskreditiert die berechtigten Anliegen der anderen Gipfel-Gegner, sie macht aus DemonstrantInnen Gefährder. Sie schürt Angst und markiert eine kaum zu widerlegende Angriffsfläche für jene, die es okay finden, wenn die Machthaber dieser Welt die Angelegenheiten eben dieser Welt unter sich und abgeschirmt durch PolizistInnen ausmachen. Kreativer Protest – das sind die anderen. Aber von denen wird jetzt niemand mehr sprechen.

Stattdessen werden die Exzesse von Hamburg politisch missbraucht. Von Leuten wie Trump und Erdoğan, die sich jetzt freuen können, dass Merkel offensichtlich alles andere als beliebt zu sein scheint. Und achso, dass der Staat komplett überreagiert und JournalistInnen von der Berichterstattung ausschließt – sollen das diese Standards der westlichen Wertegemeinschaft sein, von denen Merkel immer redet?

Was in Hamburg passiert (passiert, während des Schreibens dieses Textes, während es knallt und brennt und Hubschrauber tief fliegen), ist so unendlich viel vergeudete politische Energie. So viel gerichtete Zerstörung. Man darf gar nicht drüber nachdenken, so traurig ist das. Und so absehbar vorentscheidend für die Bundestagswahl in elf Wochen.

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1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.

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