Kommentar G20 und Syrien: Chance auf Einigung gleich null

Erst war von einer Kurzintervention die Rede. Dann von einer 60-Tage-Aktion. Die USA wollen einen Regime-Change in Syrien.

Das Ziel ist der Regimewechsel in Syrien. Bild: ap

Nicht einmal eine Woche ist es her, dass US-Präsident Barack Obama entschieden hatte, den Kongress um die Autorisierung eines Militäreinsatzes gegen Syrien zu bitten – und schon hat sich die Debatte darüber völlig verändert. War zunächst von einer kurzen, auf ein paar Tage beschränkten Vergeltungsaktion die Rede, so spricht die Resolution des Auswärtigen Ausschusses im US-Senat jetzt von 60 Tagen, verlängerbar um weitere 30.

War das vom Weißen Haus vorgegebene Ziel noch, den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad für den Einsatz von Giftgas am 21. August zu bestrafen, um die weltweite Ächtung von Chemiewaffen zu unterstreichen, so spricht Außenminister John Kerry jetzt davon, mit einer Militäraktion Verhandlungen zu erzwingen, die Assads Abgang und ein demokratisches Syrien ermöglichen sollen. Das heißt: Regime-Change.

Man muss zugeben: Das ist zumindest kohärenter als der ursprüngliche Ansatz. Der Sinn des von Obama vorgeschlagenen Zweitagekriegs war nicht einmal Interventionsbefürwortern zu vermitteln. Doch die Geltung internationaler Normen zum Schutz von Menschen zu unterstreichen ist zumindest ein legitimes Motiv. Ein aktives Eingreifen ins syrische Kräfteverhältnis ist hingegen weder legitim noch legal.

Möglich wird eine solche Veränderung, weil alle Beteiligten die Idee verabschiedet haben, dem Einsatz eine völkerrechtlich legale Basis zu verschaffen. Die Äußerungen des russischen Präsidenten Putin diese Woche, er könne sich vorstellen, einem Militäreinsatz zuzustimmen, wenn ein Chemiewaffeneinsatz der syrischen Regierungstruppen „zweifelsfrei“ bewiesen sei, sind dabei reine Nebelkerzen. Für die von Assad und Putin verbreitete Version, die Rebellen selbst hätten das Giftgas eingesetzt, spricht bislang nur eine gewisse Plausibilität des Motivs, die USA zum Eingreifen zu bewegen. Darauf fehlt jeder belastbare Hinweis. Allerdings: „Über jeden Zweifel erhaben“, wie US-Außenminister Kerry es darstellt, ist auch die Täterschaft Assads mitnichten, wenngleich es dafür bislang wesentlich mehr Indizien gibt.

Im Kern bleibt: Was nicht geglaubt werden will, wird auch nicht bewiesen werden können. Russland und China haben bislang jede Assad-kritische Resolution verhindert, sie werden das auch weiterhin tun. Die Chancen auf Einigung sind gleich null.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.