Kommentar Geheimdienstkontrolle: Gegen das Eigenleben der Dienste

Jeder neue Geheimdienstskandal zeigt, dass mehr Kontrolle nötig ist. Die muss aber unabhängig von Regierungsvorgaben funktionieren.

Absichtlich unzugänglich: die BND-Zentrale in Berlin. Bild: dpa

Hat der Bundesnachrichtendienst (BND) die politisch Verantwortlichen in der Bundesregierung getäuscht? Oder hat das Bundeskanzleramt bewusst nicht genau hingeschaut? Das ist eine der Schlüsselfragen der BND/NSA-Affäre.

Dass der Bundesnachrichtendienst ein Eigenleben führt, zeigt eine Meldung vom Wochenende. Im Projekt „Monkeyshoulder“ plante der BND, gemeinsam mit dem englischen Dienst GCHQ und der amerikanischen NSA Internetkabel in Frankfurt anzuzapfen. Bei der Planung soll das Kanzleramt bewusst nicht einbezogen worden sein.

Im Bundestag ziehen jetzt immer mehr Innenpolitiker den Schluss, dass das Parlament seine eigene Geheimdienstkontrolle stärken muss. Selbst Unionspolitiker wie Thomas Strobl und Armin Schuster fordern jetzt, der Bundestag sollte einen eigenen Geheimdienstbeauftragten wählen, der mit ausreichend Personal den Diensten auf die Finger schaut.

Diese Entwicklung ist gut und sie zeigt, dass die kritische öffentliche Diskussion nach den Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden in Deutschland doch ihre Spuren hinterlassen hat.

Unabhängigkeit des Kontrolleurs

In Frankreich dagegen, immerhin unser engster europäischer Partner, wird derzeit die Geheimdienstkontrolle sogar eingeschränkt (während die Befugnisse der dortigen Dienste massiv ausgeweitet werden).

Aus Sicht des Bundestags ergibt ein Geheimdienstbeauftragter durchaus Sinn. Die Abgeordneten im Parlamentarischen Kontrollgremium haben so viele andere Aufgaben, dass sie nie ausreichend Zeit haben werden, auch nur die bekannt gewordenen Skandale richtig aufzuarbeiten. Und man kann auch nicht zu jeder Affäre einen eigenen Untersuchungsausschuss des Parlaments einrichten.

Wichtig ist dann, dass der Geheimdienstbeauftragte einen eigenen gesetzlichen Auftrag bekommt und im Bundestag mit breiter Mehrheit gewählt wird. Er darf nicht von Vorgaben der Regierungskoalition abhängen, denn diese hat immer auch die Neigung, Fehlverhalten der eigenen Regierung zu verharmlosen.

Außerdem muss sich der Geheimdienstbeauftragte mit seinen Erkenntnissen – zumindest in abstrakter Form – direkt an die Öffentlichkeit wenden können. Wenn er nur einem geheimen Parlamentsgremium berichtet, ist für den demokratischen Diskurs wenig gewonnen.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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