Kommentar Genkartoffeln: Vom Labor auf den Teller

Freilandversuche, ohne dass Genfood in der Lebensmittelkette landet? Dass das nicht funktioniert, demonstriert die BASF momentan anschaulich - und der Landwirtschaftsminister schweigt.

Die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit lässt sich derzeit anschaulich auf einem Kartoffelacker in Mecklenburg-Vorpommern studieren. Der Anbau gentechnisch veränderter Feldfrüchte sei vollkommen sicher, versicherte der Chemiekonzern BASF und führte, um dies zu demonstrieren, mehrere Trockenübungen durch.

An verschiedenen Standorten wurde mit einer rotschaligen Kartoffelsorte der Ernstfall simuliert. Das Ergebnis: Werden bei Anbau, Ernte und Abtransport alle Vorsichtsmaßnahmen eingehalten, gelangen ganz sicher keine der Stärkekartoffeln in die Lebensmittelkette. So versuchte der Ludwigshafener Konzern die Befürchtung zu zerstreuen, dass die bisher nicht für Lebens- und Futtermittel zugelassene Genkartoffel Amflora unkontrolliert und gesetzeswidrig auf dem Tisch des Verbrauchers landet.

Dass die Realität im landwirtschaftlichen Alltag ganz anders aussieht, wurde schon beim Ausbringen der Gentech-Kartoffel deutlich. Einer der Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern hatte seine Amflora-Knollen auf einem nicht genehmigten Acker gepflanzt. Dass sich jetzt nach der Ernte Anwohner auf dem Gentech-Acker bedienen können, macht den angeblich sicheren Anbau von Amflora zur Farce.

Zumal der Amflora-Anbau im vergangenen Jahr noch unter dem Etikett eines begrenzten Versuchsanbaus stattfand. Hier verlangt das Gesetz, besonders behutsam und vorsichtig vorzugehen - denn die Pflanzen und deren Früchte sind weder für den Verzehr zugelassen, noch dürfen sie in den Handel gelangen. Aber daran hält sich weder die BASF, noch interessiert es die Überwachungsbehörden.

Das dem Agrarminister Horst Seehofer (CSU) unterstellte Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), das den Versuchsanbau genehmigt, stiehlt sich aus der Verantwortung. Man sei nicht für die Kontrolle der Anbauversuche zuständig, heißt es dort. Das ist zwar formal richtig. Aber das BVL muss auch die Zuverlässigkeit der Antragsteller prüfen. Und bei der scheinen doch erhebliche Zweifel angebracht zu sein.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1955, war von 1993 bis Ende 2022 Wissenschaftsredakteur der taz. Er hat an der FU Berlin Biologie studiert. Vor seinem Studium hatte er eine Facharbeiterausbildung als Elektromechaniker gemacht, später dann über den zweiten Bildungsweg die Mittelere Reife und am Braunschweig-Kolleg die allgemeine Hochschulreife nachgeholt.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.