Kommentar Gesetz gegen „Agenten“: Hosen runter in Russland

Medien in Russland, die Geld aus dem Ausland bekommen, gelten jetzt als Agenten. Wenn sie ihre Arbeit einstellen, bleibt noch Russia Today.

Ein graues Auto mit grünem Streifen auf dem die Buchstaben R und T stehen vor einem grau-grünen Haus

Vor dem Firmenbüro von Russia Today in Moskau Foto: dpa

Ausländische Agenten in Russland, so weit das Auge reicht. Nach den Nichtregierungsorganisationen hat der Kreml diese schändlichen Übeltäter jetzt auch – wie überraschend! – in den Medien identifiziert.

Das Muster ist bestens bekannt: Wer Unterstützung aus dem Ausland erhält, muss alle Details der Finanzierung offenlegen. Und was einzelne Aktivitäten angeht, läuft auch dort das immer gleiche Programm: Hosen runter, und zwar komplett.

Angeblich ist die jüngste Gesetzesänderung eine Retourkutsche an die Adres­se der USA. Denn auch dort musste sich der putinhörige Sender Russia Today (RT) Anfang November als „ausländischer Agent“ registrieren lassen. Das ist eine vorgeschobene Begründung. Sie leuchtet allenfalls jenen ein, die sowieso jeden auch noch so abwegigen Schwachsinn unhinterfragt glauben, den RT in den Äther pustet.

Als stünden die russischen Medien nicht schon seit Jahren unter wachsendem Druck. Die Möglichkeiten, kritische Stimmen zu unterdrücken, sind vielfältig: von Besuchen der Steuerpolizei, die angebliche Verstöße mit horrenden Forderungen ahndet, über Verwarnungen, die die Schließung von Me­dien­betrieben nach sich ziehen, bis zu körperlichen Angriffen auf Journalisten, die bisweilen auch tödlich enden. Da sich Russland ja ohnehin ständig von äußeren Feinden umzingelt wähnt, ist der Kampf gegen ausländische Agenten nur folgerichtig.

Man darf gespannt sein, wie sich das Gesetz auf die praktische Arbeit der Medien auswirken wird. Zumal die Frage nach möglichen Restriktionen im Falle einer Übertretung bislang weitestgehend unklar ist. Viele Nichtregierungsorganisationen, die mit dem Label „ausländischer Agent“ versehen wurden, haben mittlerweile ihre Tätigkeit eingestellt. Und das war ja auch der gewünschte Effekt. Die Befürchtung ist durchaus berechtigt, dass jetzt auch einige Medien diesem Beispiel – gezwungenermaßen – folgen werden. Aber dann bleibt für die Berichterstattung ja immer noch RT.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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