Kommentar Gleichstellungsbeauftragte: Nicht nur Frauensache

Die Klage eines Mannes, der Gleichstellungsbeauftragter werden wollte, wurde abgewiesen. Auch Männer könnten etwas zum Thema beitragen.

Frauenbeine deuten Schritte an, auf dem Boden ein Piktogramm eines männlichen Fußgängers

Lobbyarbeit gegen Frauendiskriminierung ist wichtig, aber Männer müssen deshalb nicht ausgeschlossen werden Foto: Photocase/TimToppik

Männer dürfen in den meisten ­öffentlichen Institutionen keine Gleichstellungsbeauftragten sein, qua Geschlecht. Auch in Mecklenburg-Vorpommern hat das Landesverfassungsgericht die Klage eines Landesbeamten am Dienstag zurückgewiesen. Ein dichtes Netz weiblicher Interessenvertreterinnen durchzieht Verwaltungen in Bund, Ländern und Kommunen. Lobbyarbeit gegen Frauendiskriminierung ist wichtig, aber Männer müssen deshalb nicht ausgeschlossen werden.

Ein männlicher Beamter in Mecklenburg-Vorpommern kann nicht Gleichstellungsbeauftragter werden. Das Verfassungsgericht in Greifswald wies am Dienstag die Beschwerde des Mannes als unbegründet zurück. Nach Ansicht der Richter ist die Wahlrechtsbeschränkung jedoch verhältnismäßig, um Frauen die verfassungsrechtlich garantierte Chancengleichheit zu gewährleisten. Frauen seien noch immer strukturell benachteiligt, was sich unter anderem in der Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen zeige, sagte der Vorsitzende Richter Burkhard Thiele. Das Gericht forderte den Gesetzgeber auf, die Entwicklung in den kommenden fünf Jahren sorgfältig zu beobachten. (dpa)

Wenn es in einem Landkreis gar keine eigene Stelle für Gleichstellungsarbeit gibt, sondern nur ein Deputat von ein paar Wochenstunden, ist es völlig in Ordnung, wenn das eine Frau macht. Anders aber ist die Situation in Großstädten oder Bundesverwaltungen. Dort gibt es keinen ersichtlichen Grund, warum in den vergleichsweise großzügig ausgestatteten Abteilungen nicht auch Männer arbeiten können.

Feministisch orientierte Juristinnen überbieten sich in Fachzeitschriften mit spitzfindigen Argumenten, warum das angeblich nicht geht. Dabei wäre es eine sinnvolle Erweiterung der Perspektive, ein belebender Beitrag zum Geschlechterdialog.

Im Sommer hat das alte Bundeskabinett den Zweiten Gleichstellungsbericht verabschiedet. Ein Gutachten listet auf 200 Seiten zahlreiche „Gender Gaps“ zulasten von Frauen auf – zu Recht. Es ist skandalös, dass Frauen schlechter bezahlt werden, weniger Rente bekommen und die Hauptlast der privaten Sorgearbeit tragen. Leider tauchen Lücken, die Männer benachteiligen, in dem Bericht nicht auf.

Männer sterben im Schnitt über fünf Jahre früher als Frauen. Sie stellen die große Mehrheit der Obdachlosen und der Gefängnisinsassen. Auch sie werden Opfer von Gewalt, häufig durch die eigenen Geschlechtsgenossen. All diese Themen sind unterbelichtet, weil die Frauenpolitik ihr mühsam erkämpftes Terrain verteidigt. Männer können Wichtiges beitragen zu einer emanzipatorischen Geschlechterpolitik – und sollten deshalb in allen Arbeitsfeldern vorkommen und mitwirken.

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