Kommentar Griechenland: Die Reichen werden nicht reichen

Es ist nötig, zur Linderung der Krise in Griechenland endlich die Reichen heranzuziehen - um eine politische Krise zu vermeiden. Viel ändern wird das nicht.

Genervte Deutsche und empörte Griechen eint eine Frage, wenn es um die Eurokrise geht: Wieso gelingt es nicht endlich, die Reichen in Griechenland zu besteuern, die mit Swimmingpools und Yachten protzen? Dann wäre das Verschuldungsproblem gelöst! Viele Deutsche haben auch einen Vorschlag, wie sich zur Tat schreiten ließe: Man könnte doch einfach 1.000 deutsche Steuerfahnder an die Griechen ausleihen, um die Schatzsuche bei den Reichen zu beschleunigen.

Doch aus dieser tollen Idee dürfte nicht viel werden. Denn so reich manche Griechen sein mögen - ihr Reichtum reicht nicht, um das Land vor der Pleite zu retten. Denn nicht jede Form von Reichtum ist besonders interessant fürs Finanzamt. Es hilft nicht weiter, einfach nur den Blick auf die vielen Pools in Griechenland zu richten. Sie waren zwar häufig teuer, werfen aber kein laufendes Einkommen ab, das sich großartig besteuern ließe. Es gehört ja gerade zur Tragik Griechenlands, dass vor allem konsumiert wurde - und zu wenig investiert.

Wer die Wohlhabenden schröpfen will, muss daher nicht die Pools besichtigen - sondern ihre Einkünfte taxieren. Das ist natürlich schwierig in einem Land, in dem die Reichen es als ihr Privileg und Bürgerrecht betrachten, die Steuern zu hinterziehen. Aber ganz grob lässt sich abschätzen, wie viel die Wohlhabenden beitragen könnten, wenn sie denn geruhten, pflichtgemäß in die Staatskassen einzuzahlen: Es wären wohl weniger als 6 Milliarden Euro im Jahr. Das ist nicht nichts, aber auch nicht die Rettung Griechenlands, das mit rund 340 Milliarden Euro verschuldet ist.

Es ist natürlich bitter, sich von der Illusion zu verabschieden, dass die Wohlhabenden Griechenlands ihren Staat sanieren. Denn andere Geldquellen sind ja auch nicht in Sicht, die einen Bankrott vermeiden könnten. Es ist nicht Häme, sondern schlichter Geschäftssinn, wenn die Ratingagentur Standard & Poors die griechischen Staatsanleihen noch einmal herunterstuft. Das Land ist pleite - und wird um eine Umschuldung nicht herumkommen.

Trotzdem ist es zwingend, die Reichen endlich heranzuziehen - um eine politische Krise zu vermeiden. Die Mehrheit der Griechen sieht zu Recht nicht ein, warum nur sie für die Krise zahlen soll. Jede Demokratie ist gefährdet, wenn sie ihren Bürgern nicht mehr glaubhaft vermitteln kann, dass es fair zugeht.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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