Kommentar Griechische Flüchtlingspolitik: Trügerische Ruhe in Hellas

Die kastastrophalen Bedingungen für Flüchtlinge werden von der Athener Regierung heruntergespielt. Das wird nicht mehr lange gutgehen.

Flüchtlinge in einer Warteschlange vor der Essensausgabe.

Lange Warteschlange vor der Essensausgabe in einem griechischen Flüchtlingscamp Foto: reuters

Wer in diesen Tagen auf den griechischen Inseln seinen Urlaub verbringt, kommt manchmal nicht aus dem Staunen heraus: Gebührenpflichtige Strandliegen voll, die Tavernen gut besucht und auf Mykonos kostet der gekühlte Schampus nach wie vor ein Monatsgehalt. Inselgäste brauchen schon einen ausgezeichneten Blick für das Detail, um die Schlagzeilen zu den steigenden Flüchtlingszahlen zur Kenntnis zu nehmen.

Nicht zuletzt den Regierenden in Athen kommt diese Entspannung gelegen. Es gehört ja zur bewährten Tradition griechischer Politik, dass der Hochsommer keine negativen Überraschungen für die Wähler bergen darf, auch und erst recht wenn ab September vermutlich die nächste Krise an die Tür klopft. Schließlich braucht kein Mensch in Hellas eine Wiederholung des hochdramatischen Sommers des Jahres 2015.

Ein weiterer Überlebenstrick griechischer Politiker besteht darin, Probleme nicht offen auszudiskutieren in der Hoffnung, sie würden dann nicht einmal als solche erkannt.

Zum Beispiel Kreta: Voller Empörung wiesen sämtliche Bürgermeister der größten griechischen Urlaubsinsel einen Bericht Athener Medien zurück, nach dem spätestens im Dezember Tausende Flüchtlinge aus Deutschland nach Kreta umgesiedelt würden.

Allein Einwanderungsminister Ioannis Mouzalas versuchte, etwas Vernunft in die Debatte zu bringen mit dem Hinweis, auch die Kreter seien kein „auserwähltes Volk“ das von der Flüchtlingskrise verschont bleibe. Ansonsten schwieg die Regierung.

Das könnte sich spätestens ab kommenden Oktober rächen, sollte das Flüchtlingsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Türkei scheitern. Griechenlands Linkspremier Alexis Tsipras hat das Problem vermutlich erkannt und schaut sich nach Alternativen um. Hoffentlich findet er welche, bevor die Troika-Kon­trolleure im Herbst abermals zum Gespräch bitten.

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