Kommentar Groko-Verhandlungen: Totalversagen beim Klima

Es ist eine große Enttäuschung: SPD und Union verzichten auf ein klares Bekenntnis zum Klimaschutz, obwohl Merkel das Gegenteil versprochen hatte.

Polizeibeamte entfernen eine große, aus Eis geformte Zwei aus dem Eingangsbereich der SPD-Parteizentrale

Greenpeace-Aktivisten protestieren Sonntagfrüh für das Erreichen der Klimaziele bis 2020 – vergeblich Foto: dpa

Es war ein symbolisches Bild: Die Jahreszahl 2020, die Greenpeace am Sonntag aus riesigen Eisblöcken vor die SPD-Zentrale gestellt hatte, um an das deutsche Klimaziel zu erinnern, wurde schon im Morgengrauen von Sicherheitskräften entfernt. Die Groko-Verhandler, die kurze Zeit später dort eintrafen, sollten lieber nicht an ihr Versagen bei diesem Thema erinnert werden.

Genauso wie draußen vor dem Haus war das Klimaziel auch drinnen bei den Verhandlungen abgeräumt worden – obwohl Kanzlerin Angela Merkel noch unmittelbar vor der Wahl explizit das Gegenteil versprochen hatte.

Als sich während der Sondierungen erstmals andeutete, dass die Regierung von diesem faktisch und symbolisch wichtigen Ziel abrückt, hatte es noch kurze Empörung gegeben, Umweltpolitiker aus Union und SPD hatten für die eigentlichen Koalitionsverhandlungen Nachbesserungen gefordert, selbst SPD-Chef Martin Schulz hatte sich beim Parteitag noch einmal hinter die Ziele gestellt.

Doch passiert ist nichts. Der Koalitionsvertrag verzichtet auf jede Maßnahme, mit der Deutschland dem 2020-Ziel zumindest näher kommen könnte. Stattdessen konzentriert man sich nun auf 2030 und verschiebt alle Entscheidungen in eine Kommission. Ein Preis für CO2, mit dem klimaschädliche Energie teurer und umweltfreundliche billiger würde, wird auf absehbare Zeit nicht kommen, obwohl ihn mittlerweile selbst der BDI fordert. Im Gegenteil, mit der Abschaffung der Flugverkehrsteuer soll klimaschädliches Fliegen sogar noch attraktiver werden.n

Fast noch schlimmer als dieses politische Totalversagen beim zentralen Thema für die Zukunft des Planeten ist die stoische Gelassenheit, mit der es in den beteiligten Parteien hingenommen wird. Über andere Themen gibt es immerhin öffentlichen Streit. Doch das Klima ist einfach egal. Statt sich zumindest über das Scheitern zu empören, faseln die Beteiligten lieber weiter von der deutschen Vorreiterrolle.

Dabei sind andere Länder längst weiter und haben verstanden, dass das Festhalten an überholten Technologien langfristig auch der Wirtschaft schadet. Bis sich diese Erkenntnis auch in der Groko durchsetzt, scheint es noch zu dauern.

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Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

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