Kommentar Grüne und Erbschaftsteuer: Eine gefährliche Blamage

Die Erbschaftsteuer schreibt Privilegien reicher Familiendynastien fest – und keine Partei außer der Linken ist dagegen. Ein Armutszeugnis.

Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) sitzt lachend an einem Tisch

Die Erbschaftsteuerreform kommt und Markus Söder (CSU) ist reich an guter Laune Foto: dpa

Gesetze wie dieses gefährden den sozialen Zusammenhalt in Deutschland: Der Bundesrat beschließt am Freitag eine Reform der Erbschaftsteuer, die auf groteske Weise Privilegien äußerst reicher Familiendynastien festschreibt.

Wer einen Konzern erbt, der hohe Millionenbeträge wert ist, wird auch in Zukunft keinen Cent Erbschaftsteuer bezahlen. Unternehmersöhne und -töchter bleiben also steuerfrei, während zum Beispiel ein Erbe aus der oberen Mittelschicht, der drei Häuser vermacht bekommt, selbstverständlich Steuern zahlt.

Das ist nichts anderes als Politikversagen. Die Erbschaftsteuer ist einer der wenigen Hebel, mit denen sich Reichtum fairer verteilen lässt. Und der eineinhalbjährige, mit harten Bandagen geführte Kampf um das Gesetz zeigt beispielhaft, wer wirkliche Macht besitzt in der Republik.

Lobbyorganisationen wie der Verband „Die Familienunternehmer“ haben eine brutale Kampagne gegen weitergehende Regeln geführt, indem sie so taten, als drohe durch eine moderate Besteuerung Superreicher der Untergang des Mittelstands. Dass diese freche Lüge so durchschlagend wirkt, haben sie sich wohl selbst nicht träumen lassen.

Die Politik ordnet sich demütig den Interessen der obersten paar Prozent unter

Die CSU übernahm 1:1 Positionen der Firmenbesitzer und terrorisierte die Koalition, die SPD setzte dem zu wenig entgegen. Und selbst die Grünen, die im Bundestag todesmutig mit Nein stimmten, winken das Gesetz am Ende in der Länderkammer durch.

Die Politik – nur die Linkspartei bildet eine löbliche Ausnahme – ordnet sich also demütig den Interessen der obersten paar Prozent unter. Das ist keine Lappalie in Zeiten, in denen immer mehr Menschen eine meist ungerechtfertigte Wut auf „die da oben“ entwickeln.

Viele Bundesländer sind verschuldet, von den Kommunen ganz zu schweigen. Die Infrastruktur, also Straßen, Brücken, Schulen und Kitas, bräuchte Milliardeninvestitionen. Dass sich der Staat in dieser Situation nicht traut, das, was für alle gilt, auf Schwerreiche anzuwenden, ist eine Blamage sondergleichen.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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