Kommentar Hohe Geburtenrate: Jedes Kind wird wertvoller

Die Geburtenrate steigt vor allem bei Frauen mit ausländischem Pass. Das ist eine Botschaft an das Schulwesen.

Ein Flüchtling hält ein kleines Mädchen auf dem Arm

In kaum einer Gruppe ist der Ein- und Aufstiegswille so groß wie bei Geflüchteten Foto: reuters

Erstmals seit 33 Jahren werden in Deutschland wieder 1,5 Kinder pro Frau geboren. Ähnlich hoch, nämlich 1,51, war die Quote zuletzt im Jahr 1982, rechnet man die damaligen West- und Ostregionen zusammen. Dieses kleine Plus bei den Geburten wird die demografische Entwicklungskurve unserer Gesellschaft allerdings nicht umkehren. Dazu leben gegenwärtig einfach zu wenige Mädchen in der Bundesrepublik, die später mal zu Frauen werden. In 25 Jahren wird es daher ein Drittel weniger potenzielle Mütter geben als heute. Die Überalterung der Bevölkerung schreitet weiter voran.

Doch es gibt einen interessanten Trend, auf den sich die Bildungspolitik einstellen muss. Die Geburtenrate stieg vor allem bei Frauen mit ausländischem Pass. Betrachtet man die Zahlen, hat das mit der Zuwanderung aus Südosteuropa und den Kriegs- und Krisengebieten zu tun. Der Kinderreichtum dieser Herkunftsländer wird in gewisser Weise importiert; das wird noch eine Weile so bleiben, bis sich die Geburtenraten der Zuwanderer an die hiesigen Zahlen angleichen. Die Kinder und der noch ungeborene Nachwuchs dieser Familien sind eine noch zu wenig beachtete Ressource. Auch wenn Rassisten das angeblich drohende Szenario von gewaltbereiten Jugendlichen aus Hartz-IV-Familien mit Fluchthintergrund beschwören.

Die Wahrheit aber lautet: In kaum einer Gruppe ist der Ein- und Aufstiegswille so groß wie bei Geflüchteten oder auch Zuwanderern aus dem ärmeren Europa. Viele Eltern kamen nicht zuletzt wegen der Schulbildung für ihre Kinder hierher, die es so im Herkunfts- oder Transitland nicht gab. Und niemand integriert sich leichter als Kinder, wenn man sie lässt.

Die vergleichsweise hohen Geburtenraten der Zuwanderer sind also auch eine Botschaft an das Schulwesen und gegen dessen frühe Ein- und Aussortierungen. In einer alternden Gesellschaft wird jedes Kind gewissermaßen sozial „wertvoller“, und das ist eine Chance für alle.

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