Kommentar Kampf um CDU-Vorsitz: Hauptsache, der Fritz

Wolfgang Schäuble mischt sich ins Rennen ein und empfiehlt offen seinen Freund Friedrich Merz. Dahinter steckt eine gewaltige Hybris.

Wolfgang Schäuble sitzt vor Adventskranz in einer Kirche

Predigt gern, nicht nur in der Kirche: CDU-Urgestein Wolfgang Schäuble Foto: dpa

Der Bundestagspräsident lässt es an Deutlichkeit nicht fehlen. „Es wäre das Beste für das Land, wenn Friedrich Merz eine Mehrheit auf dem Parteitag erhielte“, sagt Wolfgang Schäuble in einem langen Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Damit greift einer der wichtigsten CDU-Politiker in das offene Rennen um den Parteivorsitz ein. Er gibt jenem Kandidaten einen Extra-Anschub, der als Merkels politischer Antipode gilt. Warum tut Wolfgang Schäuble das?

Da wäre wohl zum Einen sein nicht unerhebliches Selbstbewusstsein: Einer wie er, der schon Jahrzehnte in der Großpolitik agiert, wird ja wohl seinem Kumpel Fritz unter die Arme greifen dürfen. Zum anderen mag Schäuble der Gedanke gefallen, noch mal das ganze große Rad drehen zu können: Wenn er schon selbst nicht mehr zur Verfügung steht, sollte den Parteivorsitz – und schließlich die Kanzlerkandidatur – jemand übernehmen, der ihm gleicht.

Wohlgemerkt, Schäuble spricht in dem Interview nicht von seiner Partei, sondern gleich vom ganzen Land. Zum Dritten begründet Wolfgang Schäuble seine Empfehlung damit, Friedrich Merz stünde für eine „Integration der politischen Kräfte zur Mitte hin“, was wiederum die Ränder schwächen würde. Mit „Ränder“ meint er wahrscheinlich AfD und Linke. Und ganz nebenbei wohl auch die klar konturierten Grünen.

Wolfgang Schäuble scheint zu meinen, die CDU müsse sich diese Bürger als eine Art Eigentum einfach zurückholen

Dem ganzen Vorgang liegt ein steinaltes Denken zugrunde, demzufolge Wählerinnen und Wähler bestimmten Parteien quasi gehören. Wolfgang Schäuble scheint zu meinen, die CDU müsse sich diese Bürger als eine Art Eigentum einfach zurückholen. Was für eine Hybris. Dass er schließlich allen Ernstes Merz' rentenpolitischen Vorschlag, die Bürger mögen ihre Renten doch durch Aktienspekulationen sichern, als „vernünftig“ lobt, macht regelrecht traurig. Der Mann war immerhin zuletzt Bundesfinanzminister. Er müsste wissen, dass etwa in Ostdeutschland nur fünf Prozent der BürgerInnen überhaupt Aktien und Fonds besitzen. Dort sind nächstes Jahr drei Landtagswahlen.

Aber ist ja egal, Hauptsache, der Fritz zeigt es der Frau Merkel.

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1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.

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