Kommentar Kirchliches Arbeitsrecht: Und wieder siegt die Kirche

Die Kirche muss das Arbeitsrecht verbindlicher gestalten und einhalten. Grundsätzlich aber haben die Richter den Dritten Weg der Kirche nicht abgeschnitten.

Das Urteil des höchsten deutschen Arbeitsgerichts ist kein Erfolg für die Beschäftigten und die Gewerkschaft Ver.di. Grundsätzlich haben die Richter nicht am Dritten Weg der Kirchen gerüttelt.

Das ist sehr schade. Die Kirchen verteidigen ihr Arbeitsrecht mit Verweis auf die konsensorientierte christliche Dienstgemeinschaft. Doch längst ist der geschützte, konfliktfreie Raum, in dem Mitarbeiter in Tendenzbetrieben ihre Liebe zum Nächsten ungestört ausleben können, Geschichte. Seit Mitte der 1990er Jahre der Sozialstaat umgebaut wurde, unterliegen auch die kirchlichen Krankenhäuser und Altenpflegeheime einem brutalen Kostendruck. Er wird nach unten weitergereicht – natürlich auch bei den weltlichen Arbeitgebern wie Arbeiterwohlfahrt oder Deutsches Rotes Kreuz.

Aber wenn die Kirchen sich so sehr auf den weltlichen Markt einlassen, dann müssen am Arbeitsplatz auch weltliche Regeln gelten. Streiks sollten also grundsätzlich auch für Mitarbeiter in Diakonie und Caritas möglich sein. Umso mehr, als im ländlichen Raum die kirchlichen Einrichtungen oft die einzigen Arbeitgeber im Sozialwesen sind – aber längst nicht alle aus religiöser Überzeugung unter dem Kreuz arbeiten.

Die Richter haben am Dienstag zwischen zwei hohen Gütern abgewogen: dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und dem Recht auf Streik, um bessere Arbeitsbedingungen zu erstreiten.

Erfreulich ist zumindest, dass die Richter den Kirchen deutlichere Vorgaben machen, dass das Arbeitsrecht verbindlicher ausgestaltet und auch eingehalten werden muss. Das dürfte den Beschäftigten im Alltag zumindest kleine Verbesserungen bringen. Zumal die Gewerkschaften darüber künftig wachen: halten sich die Kirchen nicht daran, darf gestreikt werden. Doch es gilt leider weiterhin: die Mitarbeiter bleiben gegenüber den Kirchen in einer deutlich unterlegenen Position.

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Jahrgang 1976. Ist seit 2009 bei der taz und schreibt über Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie die Gewerkschaften

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