Kommentar Klimaschutz: Wenn die Politik versagt

Der Markt kontrolliert zunehmend die internationale Klimaschutzpolitik. Die Politik aber versagt auf ganzer Linie. Das muss sich ändern.

Was in der internationalen Klimapolitik schiefläuft, kann man zum Teil an einem kryptischen Kürzel ablesen: den umstrittenen Projekten des CDM (Mechanismus zur sauberen Entwicklung). Mit diesen Instrumenten können Unternehmen aus Industrieländern Klimaschutz in ärmeren Ländern finanzieren, um sich die gesparten Emissionen gutzuschreiben. CDM sind sehr erfolgreich und stehen trotzdem kurz vor dem Zusammenbruch.

Seit sie im Kioto-Protokoll angelegt wurden, haben die Unternehmen und die Staaten durch sie eine Menge Geld gespart. Es ist eine eigene Bürokratie entstanden, das System hat viel Geld bewegt, das teilweise für unsinnige Vorhaben ausgegeben wurde und in dunklen Kanälen verschwand. Doch der Nutzen ist sehr gering. Wahrscheinlich haben die Projekte das Klima sogar zusätzlich belastet. Jetzt droht das Aus, weil der Markt für Emissionslizenzen zusammengebrochen ist.

So sieht die Klimapolitik häufig aus. Viel Aufwand, viel Geld, wenig Klimaschutz. Ob Emissionshandel, Energiewende oder „Green Economy“: Die Unternehmen verdienen gut, auf Kosten der Allgemeinheit. Denn der Grundfehler eines Klimaschutzregimes, das in den neunziger Jahren erdacht wurde, ist die Abhängigkeit vom Markt: CDM sind eine gute Idee, weil sie Klimaschutz da ansiedeln, wo er am billigsten ist.

Aber ohne vernünftige politische Rahmenbedingungen – harte Schnitte bei den Emissionen, verpflichtende Ziele – ist der Markt hilflos. Er ist nur Instrument. Wenn die Ziele fehlen, passiert es wie mit den CDM: Die Gewinne werden mitgenommen, die Kosten trägt die Gemeinschaft.

In Doha sollen die CDM gerettet werden. Das wird wohl auf die übliche Art mit einem halbgaren Kompromiss so einigermaßen gelingen. Denn es gibt zu viele Interessen, mit dem Klimaablass weiter Geld zu verdienen. Aber das Instrument wird langfristig nur funktionieren, wenn die Staaten sich zu echtem Klimaschutz verpflichten, damit die Lizenzen zur Luftverschmutzung knapp und teuer werden.

Inzwischen verlangt damit der Markt von der Politik, die Regeln zu setzen, ohne die der Markt nicht überleben kann. Das Politikversagen in der Klimadiplomatie ist inzwischen so groß, dass es zunehmend die Bilanzen der Unternehmen belastet. Vielleicht bringt das ja den nötigen Druck, den die realistischen Horrorszenarien der Wissenschaftler seit Jahren nicht aufbauen können.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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