Kommentar Klimaschutz im Verkehr: Geld allein macht nicht glücklich

Die Verkehrskommission legt einen lauwarmen Kompromiss zum Klimaschutz vor. Trotzdem zeigt sie auch, wie es besser gehen könnte.

Ein verspäteter Eurostar-Zug fährt über Folkestone in Kent nach Frankreich

Wirklich zukunftsweisend wäre es, die Bahn gegenüber dem Autoverkehr deutlich zu bevorzugen Foto: reuters

Das magere Ergebnis der „Kommission Klimaschutz im Verkehr“ wird viele Menschen enttäuschen – überraschen kann es nicht. Denn wer sich mit dem Thema nur ein bisschen beschäftigt hat, weiß: Die Aufgabe, im Verkehrsbereich bis 2030 mindestens 40 Prozent der CO2-Emissionen einzusparen, ist gewaltig. Sie würde das Land verändern, müsste Strukturen angreifen und würde Visionen, Mut und ein entschlossenes Handeln aller Beteiligten erfordern. Also alles, was es in dieser Großen Koalition nicht gibt.

Trotzdem ist das Ergebnis der Kommission wegweisend. Denn es zeigt, was (wie wenig) im Klimaschutz mit dieser Regierung und dieser Gesellschaft im Moment geht – und wo die großen Baustellen warten. Die Expertinnen und Experten tragen dabei am wenigsten Verantwortung. Im Gegenteil: Sie legen die Widersprüche dankenswerterweise offen. Einigen konnten sie sich nur auf Maßnahmen, die etwa die Hälfte der geforderten CO2-Reduktionen bringen: Ein Ziel von 10 Millionen E-Autos, niedrigere Preise für die Bahn, ein besseren Takt für die Schiene, mehr Geld für den Radverkehr.

Das ist nicht wenig. Aber es ist zu wenig für echten Klimaschutz. Und es folgt der Logik dieser Koalition und der gesamten Klimapolitik seit Jahrzehnten: Geld ja, Veränderungen nein! Für Probleme, die finanziell zu lösen sind, finden sich Lösungen. Das war so in der Kohlekommission, die die Kohlekumpel, die betroffenen Gegenden und die Unternehmen mit Milliardensummen bedenkt. Und es zeigt sich jetzt beim Verkehr: Subventionen für die E-Mobilität, für den Bau und Umbau von Straßen soll es geben. Aber vor echten Entscheidungen schrecken die Kommission und erst recht die Politik zurück: Das wäre die ernsthafte Fokussierung auf emissionsfreien Verkehr, höhere Preise für Verbrennungsmotoren, andere Steuern, Privilegien für die Bahn und für Radfahrer und Fußgänger.

Nur mit solchen Veränderungen lässt sich das erreichen, was als „große Transformation“ durch die Sonntagsreden auch dieser Koalition geistert: Der Umbau einer fossil befeuerten Gesellschaft zu einer klimagerechten Lebensweise. Dafür ist Geld nötig, viel Geld sogar, das aber gut angelegt ist, weil es eine Investition in eine sichere, saubere Zukunft ist. Aber mit dem Geldausgeben fängt die Arbeit erst an: Strukturen verändern, Neues in den Markt bringen, das Alte abschalten. Man nennt es „Politik“.

Darum drücken wir uns gern. Aber es ist gar nicht so schwer. Die Verkehrskommission selbst hat einen Weg dazu gewiesen: Sie empfiehlt einen CO2-Preis auch für den Verkehr zu prüfen. Richtig gemacht, könnte man so mit dem finanziellen Hebel wirklich etwas verändern – wenn man Geld nicht einfach ausgibt, sondern es für eine Verkehrswende arbeiten lassen würde. Geld allein macht nicht glücklich. Aber es kann ein gutes Werkzeug sein. Man muss es nur nutzen wollen.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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