Kommentar Klimaschutzgesetz: Alles auf Rot

Mit einem Gesetz will Umweltministerin Schulze Ernst machen mit dem Klimaschutz. Scheitert es, ist nicht nur die Koalition in Gefahr.

Svenja Schulze

Sie macht endlich den großen Aufschlag: Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) Foto: dpa

Es wird krachen, so viel steht schon fest. Der Entwurf zum „Klimaschutzgesetz“ aus dem Umweltministerium wird für maximalen Streit in der Regierung sorgen. Die Frage, wie strikt die Klimaziele sind und wer dafür liefern muss, hat sogar das Zeug dazu, die große Koalition zu sprengen. Und das ist gut so.

Denn das Bundes-Klimaschutzgesetz von Svenja Schulze ist ein guter Vorschlag. Und so ziemlich die letzte Chance für Deutschland, den Klimaschutz endlich ernst zu nehmen. Er macht Schluss mit dem jahrzehntelangen Schlendrian: Große Ziele ankündigen und dann zusehen, wie sie verfehlt werden.

Wenn sich Schulze durchsetzt, bekommt jedes Ressort seine Vorgaben. Wie es die erfüllt, kann es selbst bestimmen. Wenn es nicht klappt, muss es die teuren CO2-Zertifikate selbst bezahlen, die dann in der EU fällig werden. Das nennt man Verursacherprinzip. Und es wird hoffentlich dazu führen, dass die großen Klima-Ignoranten der letzten Jahre, der Verkehr und die Gebäudewirtschaft, endlich anfangen, ernsthaft CO2 zu sparen.

Die Union baut dagegen die maximale Drohkulisse auf: Eine „leere Hülle“ sei das Gesetz, entspreche nicht dem Koalitionsvertrag und sei „Planwirtschaft, die schon in der DDR nicht funktioniert hat“. Aber bei anderen Vorstellungen, wie die geforderte rasante Reduzierung des klimaschädlichen Kohlendioxids auf praktisch null in 30 Jahren zu schaffen wäre, bleiben CDU und CSU die Antworten bislang schuldig.

Beim Klimaschutzgesetz kommt es jetzt zum Schwur

Die Gegenwehr der Union hat auch weniger damit zu tun, dass sie bessere Ideen hätte. Sondern mehr damit, dass inzwischen auch der letzte Unions-Abgeordnete gemerkt hat, in welche Zwickmühle sie das jahrelange Nichtstun gebracht hat: Einerseits die Klimakrise, die immer deutlicher wird, der Ruf nach Lösungen, die nun sogar Bayern zu einem Klimaschutzgesetz veranlassen.

Und andererseits die Zumutungen, die das für ihre Klientel mit sich bringt: CO2-Preis, ernsthaft Energie sparen, Ausbau der Erneuerbaren, andere Verkehrssysteme, weniger Fleisch.

Beim Klimaschutzgesetz kommt es jetzt zum Schwur: Hat Bundeskanzlerin Angela Merkel noch die Kraft und das Interesse, echte Weichenstellungen für ein grüneres und moderneres Land zu erzwingen? Oder leistet diese Regierung den endgültigen klimapolitischen Offenbarungseid, indem sie das Gesetz verschiebt oder entkernt?

Svenja Schulze, die bisher als Ministerin eher glücklos agiert hat, ist ein kleines Meisterstück gelungen. Sie hat alles auf Rot gesetzt. Und in dieser Frage nicht nur ihre bei Umweltthemen notorisch unzuverlässige SPD hinter sich versammelt. Sondern auch die Union in eine Position gebracht, wo sie bessere Vorschläge bringen muss oder als Klimakiller dasteht.

Ein Scheitern wäre eine Blamage für Schulze

Für Schulze ist das der einzige Weg, aber er ist hochriskant: Wenn das Klimagesetz in der jetzigen Form kommt, ist sie die erfolgreichste Umweltministerin seit langem. Wenn es verhindert oder gestutzt wird, muss sie zurücktreten.

Aber das wäre nicht nur eine Blamage für Schulze und wahrscheinlich das Ende der Großen Koalition. Sondern es wäre auch das Aus für den Anspruch Deutschlands, den Klimaschutz ernst zu nehmen. Und, ganz nebenbei, eine ganz schlechte Nachricht für die Atmosphäre und die Zukunft der Kinder, die jeden Freitag für besseren Klimaschutz demonstrieren.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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