Kommentar Koch-Kampagne: Eine simple Rechnung

Kochs Lagerwahlkampf könnte doch noch nach hinten losgehen. Denn: Sprüche machen uns nichts tun ist auch für rechte Hardliner gefährlich.

Der Lagerwahlkampf, den Koch mit Hilfe der Bild-Zeitung in die Medien gepuscht hat, droht zu implodieren. Anstatt die eigene Klientel hinter einem griffigen Slogan zu vereinen, scheint Koch mit seiner Rabulistik derzeit das Gegenteil zu erreichen. Natürliche Bündnispartner jeder law-and-order-Kampagne wie die Gewerkschaft der Polizei gehen erschrocken auf Distanz. Und während sich auch die Reihen der Koch treu ergebenen Unionspolitiker lichten, zieht Joschka Fischer noch mal in den Wahlkampf. Kein Wunder, dass Koch gestern erstmals zum taktischen Rückzug blies.

Die Nachricht, dass die Jugendkriminalität in Hessen unter seiner Regentschaft explodiert ist, müsste eigentlich der Sargnagel für diesen unerquicklichen Wahlkampf sein. Denn Sprüche machen, aber nichts tun - dieses Bild ist auch für rechte Hardliner gefährlich.

Die SPD-Konkurrentin Andrea Ypsilanti, die vor sechs Monaten noch völlig chancenlos war, liegt mittlerweile in Umfragen gleichauf mit dem Ministerpräsidenten. Die SPD in Hessen ist weitestgehend immun gegen den medialen Orkan, den Koch & Bild-Zeitung entfesselt haben. Mit dem Mindestlohn hat sie ein eigenes Sicherheitsthema besetzt. Zudem kann sie die durchsichtige Kampagne gegen kriminelle Migrantenkids als die andere Seite der verheerenden Schulpolitik der hessischen CDU kenntlich machen, die auf Elitenbildung und Selektion getrimmt ist.

Und trotzdem kann Kochs Kampagne schließlich noch ihren Zweck erreichen. Denn wie jeder Lagerwahlkampf schadet auch dieser den kleinen Parteien - vor allem den Grünen und der Linkspartei. Wenn die Linke aber unter 5 Prozent rutscht, ist eine schwarz-gelbe Mehrheit ziemlich wahrscheinlich. Das ist der banale, aber entscheidende Effekt von Kochs Kampagne. Die Blöcke bleiben gleich stark, doch aufseiten der Linken gewinnt die SPD zulasten der Linken.

So wird es am Ende vielleicht davon abhängen, wie viele Rational-choice-Wähler es in Hessen gibt, die Ypsilanti wollen und trotzdem schweren Herzens die dortige ziemlich unansehnliche Linkspartei wählen, um so Koch zu verhindern.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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