Kommentar Kolumbien: Uribes symbolische Geste

Die Freilassung der ehemaligen Präsidentschaftskandidatin könnte der Beginn eines "humanitären Austauschs" sein. Die gewaltsamen Konflikte sind damit noch lange nicht gelöst.

Kolumbiens Präsident Álvaro Uribe tut so, als bewege er sich in der Geiselfrage. Allein dies ist nach den militärischen und verbalen Attacken gegen die Farc-Guerilla in den letzten Wochen bereits ein Fortschritt. Das Bemerkenswerte an seiner jetzt erneuerten Offerte, grundsätzlich inhaftierte Rebellen im Austausch gegen Geiseln in der Gewalt der Aufständischen freizulassen, liegt aber nicht im Inhalt, sondern im Zeitpunkt und vor allem im Tonfall des unterzeichneten Dekrets und der Erklärung seines Friedensbeauftragten. Vorgestern wurden die Farc von der Regierung nicht als Terroristen bezeichnet, sondern als "Gruppe außerhalb des Gesetzes" und als Guerillagruppe.

Offenbar fühlte sich der Staatschef aufgrund des wachsenden internationalen Drucks und der erschütternden Berichte über die prekäre gesundheitliche Verfassung von Ingrid Betancourt zu einer Maßnahme gezwungen. Klar ist allerdings nur: Die sofortige Freilassung der ehemaligen Präsidentschaftskandidatin könnte der Beginn eines "humanitären Austauschs" sein, alles weitere wäre zu verhandeln. Ein echtes Zugeständnis der Regierung an die Rebellen sähe anders aus. Uribe müsste signalisieren, dass er bereit wäre, über deren alte Forderung nach einer Demilitarisierung eines Gebiets zumindest zu reden, in dem die Modalitäten eines Gefangenenaustauschs ausgehandelt werden könnten. Daher dürfte Uribes symbolische Geste alleine kaum zu einem Gesinnungswandel der Aufständischen führen. Das Verhältnis zwischen den Kontrahenten ist zerrüttet, Uribe hat für seinen Kriegskurs den Rückhalt von USA und EU.

Hoffentlich erkennen die Guerilleros, dass sie sich mit dem Tod ihrer wertvollsten Geisel selbst um die größte Chance bringen könnten, vielleicht ein letztes Mal politisch in die Offensive zu kommen. Sollten sie Ingrid Betancourt nämlich freilassen, könnten sie Venezuelas Präsidenten Hugo Chávez erneut als Akteur ins Spiel bringen und darauf hoffen, dass sie die Europäische Union von ihrer Liste terroristischer Organisationen streicht. Vor allem aber würden sie ihren Widersacher Uribe in Zugzwang bringen.

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