Kommentar Krieg im Gaza: Waffenruhe bleibt brüchig

Die Hamas hat den Krieg überstanden. Sie ist da, und sie wird bleiben. Deshalb muss über eine Lockerung des westlichen Boykotts gegen die Islamisten nachgedacht werden.

So richtig mag man an den Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas noch nicht glauben. Die 15 Raketen, die am Sonntag früh auf Israel abgeschossen wurden, signalisieren, dass das Prinzip der Abschreckung auch nach 1.300 Toten, einem Vielfachen an Verletzten und noch mehr Obdachlosen nicht funktioniert. Problematisch ist außerdem die Einseitigkeit der Feuerpause. Zuerst Israel, dann die Hamas - jeder für sich macht seinen eigenen Waffenstillstand.

In Jerusalem üben sich die Politiker in der Selbstbeweihräucherung. Israel ist bei dem Ziel, den Waffenschmuggel in den Gazastreifen einzudämmen, sicher einen großen Schritt näher gekommen. Die EU sagt Unterstützung zu, und auch die USA wollen im nachrichtendienstlichen Bereich enger mit Israel kooperieren, um die aus Teheran kommenden Waffenlieferungen vorzeitig abzufangen. War dafür ein Krieg notwendig? Mussten die Europäer und die Amerikaner mit der Operation der Armee und hunderten toten Kindern vom Sinn einer künftigen Zusammenarbeit überzeugt werden? Die westlichen Nationen ziehen am gleichen Strang, wenn es um den Kampf gegen den islamischen Extremismus und Terror geht. Die dreiwöchigen Bombardierungen im Gazastreifen sollten zuallererst die Hamas überzeugen. Alles andere ist ein Nebenprodukt.

Das Seltsamste in den vergangenen drei Wochen ist, dass alle möglichen Parteien, die mit dem Konflikt unmittelbar nichts zu tun haben, über eine Kompromisslösung verhandeln, während sich die beiden Beteiligten gegenseitig boykottieren. Beide stellen Bedingungen, die zu akzeptieren und nicht zu diskutieren sind. Nimm oder stirb! Eine Strategie, die im Nahen Osten noch nie Erfolg hatte.

Die Hamas hat den Krieg überstanden. Sie ist da, und sie wird bleiben. Deshalb muss über eine Lockerung des westlichen Boykotts gegen die Islamisten nachgedacht werden. Ein schrittweiser Prozess müsste angestrebt werden, an dem die moderate palästinensische Führung teilhat mit dem Ziel, eine Normalität zu schaffen für die Menschen im Gazastreifen.

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1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

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