Kommentar Kritik an Flüchtlingspolitik: Konsequenz Schießbefehl

Wer jetzt mit allen Mitteln die Grenzen Europas wieder schließen will, sollte zuerst mal über die möglichen Folgen nachdenken.

Angela Merkel und ein Marinetaucher

Muss er bald in Nord- und Ostsee Flüchtlinge abwehren? Merkel und ein Kampfschwimmer der deutschen Marine. Foto: dpa

Die CSU muss angesichts des Umfragehochs der AfD um ihre absolute Mehrheit in Bayern fürchten. Und auch in Bundesländern, wo schon bald gewählt wird, zittern die Etablierten.

Die Stimmung gegenüber Flüchtlingen hat sich verändert. Reihenweise kippen sogar viele von jenen um, die noch vor wenigen Wochen Angela Merkel zugejubelt haben. Und auch bei vielen Medien hat man „dem Volk“ nicht nur aufs Maul geschaut, sondern kräftig beim Stimmungswandel mitgemacht.

Sicherlich. So ist das eben in einer Mediendemokratie. Unbestritten ist ja, dass Deutschland nicht die Flüchtlinge der ganzen Welt aufnehmen kann. Dass Bremsen eingezogen werden müssen. Dass die Strategie aus dem Kanzleramt für viele Bürger zu abstrakt bleibt, ist ebenfalls ersichtlich. Und dass damit Raum für alle möglichen Leute, die sich in den Vordergrund spielen wollen, geschaffen wird, ist eine Tatsache.

Wie da jetzt hektisch diskutiert wird, ist aktionistisch und nur wenig durchdacht. Wer leichtfertig die Schließung der europäischen oder gar nationalen Außengrenzen fordert, muss auch benennen, wie man das machen soll. Sollen also die Rettungsschiffe aus dem Mittelmeer zurückgezogen werden und das „mare nostrum“ wieder zum Massengrab verkommen? Wie kann die griechisch-türkische Grenze geschlossen werden? Mit militärischer Absicherung? Und wenn die Flüchtlinge trotzdem kommen?

Wer leichtfertig die Schließung der EU-Außengrenzen fordert, muss sagen, wie das gehen soll

Dann bliebe nur, bei „Grenzverletzungen“ zu schießen. Wer will dafür die Verantwortung übernehmen? Die ostdeutsche Kanzlerin, die dieses Wort ja genau kennt, offenbar nicht. Alle jene, die jahrelang ein rationales Einwanderungsgesetz mit von der Wirtschaft gewünschten Kontingenten, mit der Trennung von Asylverfahren und dem Status der Kriegsflüchtlinge, verhindert haben, müssen sich diese Frage gefallen lassen.

Denn ausgerechnet sie sind es, die jetzt die Grenzen schließen wollen, aber über die Konsequenzen schweigen.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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