Kommentar LGBT-Sondergesandter: Ein starkes Zeichen der US-Politik

Randy Berry ist Sondergesandter der US-Regierung für Schwule, Lesben und Trans*Menschen. Er ist der weltweit erste Diplomat mit diesem Aufgabenbereich.

Homosexuell in Nebraska: das Ehepaar Marj Plumb (r.) und Tracy Weitz (l.) Bild: ap

BERLIN taz | Diesen Posten gab es in der US-Administration bislang nicht. Präsident Barack Obama und Außenminister John Kerry haben ihn jüngst erst erfunden. Randy Berry, bisher in US-diplomatischen Diensten im US-Konsulat in Amsterdam tätig, ist erster diplomatischer Sondergesandter für LGBT-Rechte in aller Welt.

US-Außenminister Kerry erklärte: „Die Verteidigung und Verbreitung der Menschenrechte von LGBT-Personen ist der Kern unserer Verpflichtung, Menschenrechte weltweit voranzutreiben – es ist das Herz und Gewissen unserer Diplomatie.“ Berry solle sich für eine Welt „ohne Gewalt und Diskriminierung der LGBT-Gemeinschaft“ einsetzen.

Die Schaffung eines solchen Aufgabenfeldes ist bislang weltweit einzigartig, obwohl westliche Länder, in denen Schwule, Lesben und Trans*Menschen seit Jahrzehnten politisch für bürgerrechtliche Gleichstellung kämpfen, in jüngster Vergangenheit schon vielfach LGBT-Interessen in homophoben Ländern gewahrt haben.

In der Bundesrepublik sind konkrete Hilfen für LGBT-AktivistInnen, etwa in Osteuropa (Russland beispielsweise), über die hauptstädtischen Botschaften lanciert worden. Länder wie die meisten EU-Staaten, Kanada, die USA oder Neuseeland verstehen sich auch in außenpolitischer Hinsicht als Anwälte verfolgter oder bedrohter schwuler Männer, lesbischer Frauen oder von Trans*Menschen. In der Moskauer Botschaft der USA und der Bundesrepublik finden seit einigen Jahren Treffen von BürgerrechtsaktivistInnen statt, zu denen selbstverständlich auch Gruppen aus dem LGBT-Spektrum geladen werden.

„Nicht den Mut verlieren“

Was genau der Arbeitsbereich von Randy Berry sein wird, ist noch unklar. Sein Budget wurde nicht eigens ausgewiesen. Auch wofür er es zu verwenden hat, bleibt offen. Außenminister Kerry erinnerte jedenfalls daran, dass noch immer 75 Staaten gleichgeschlechtlichen Sex unter Strafe stellen. „Der Kampf ist noch nicht gewonnen, aber das ist jetzt nicht die Zeit, den Mut zu verlieren.“

Besonders in der islamischen Welt werden Homosexuelle verfolgt, aber auch in etlichen afrikanischen Ländern werden Homosexuelle intensiver denn je in ihren Rechten beschnitten. Der gelernte Diplomat Berry, der neben Spanisch auch Arabisch spricht, könnte also in arabischen Staaten die humanitären Belange von LGBT-Personen direkt ansprechen. Was die afrikanischen Staaten anbetrifft, könnte seine Arbeit freilich direkt vor der US-amerikanischen Haustür ansetzen. Viele Länder, etwa Uganda oder Nigeria, werden massiv von homophoben Politiken US-amerikanischer Kirchen evangelikaler Prägung beeinflusst – finanziell und damit auch moralstark.

Dass Kerry und sein Vorgesetzter Obama einen Sondergesandten im Zeichen des Regenbogens ernennen, ist keine hohle Symbolpolitik. Aber zeichenhaft ist die Bestallung eines Diplomaten mit diesem Arbeitsfeld schon. Viele Jahre stand Homosexualität in einigen US-Staaten noch unter Strafe, als Homosexuelle in anderen Ländern längst rechtlich entdiskriminiert worden waren – in Dänemark, den Niederlanden, Schweden oder Neuseeland.

Erst in jüngster Zeit ist durch ein libertäres Rollback wider den konservativen Zeitgeist in den USA in vielen US-Staaten die Same-Sex-Marriage, die gleichgeschlechtliche Ehe, eingeführt oder gleich das Institut der Ehe für Schwule und Lesben geöffnet worden.

Mehr Länder brauchen einen Sondergesandten

Vermutlich im Sommer wird der Supreme Court in Washington, der Oberste Gerichtshof, die Verfassungswidrigkeit von Ehen Homosexueller prüfen. Erwartet wird ein Urteil, dass das Eheprivileg für Heterosexuelle grundsätzlich suspendiert beziehungsweise das Verbot von Ehen von je zwei schwulen Männern oder lesbischen Frauen aufhebt.

Vor einem Jahr entsandte Obama ein queeres Diplomatenteam zu den Olympischen Winterspielen in Sotschi, das, mit den offen homosexuellen Sportlern Billie Jean King und Brian Boitano an der Spitze, die homophoben Gesetze des Russlands unter Wladimir Putin kritisierte.

Randy Berry hat, so muss seine Jobbeschreibung auch umrissen werden, mit dafür zu sorgen, dass bei der nächsten Präsidentschaftswahl im November 2016 eine starke Mehrheit der WählerInnen aus der LGBT-Szene in den USA ihr Kreuz bei der demokratischen Kandidatin macht. Jenseits solcher Erwägungen steht fest: Dieser Job darf von mehr Ländern eingerichtet werden.

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