Kommentar Lateinamerikagipfel: Charme und Mißtrauen

Er will "gleichberechtigte Partnerschaft". Doch Präsident Obamas Spanischkenntnisse allein werden nicht ausreichen, das tiefe Mißtrauen in Lateinamerika gegenüber den USA zu beheben.

Mit dem Klassiker "Die offenen Adern Lateinamerikas" des uruguayischen Schriftstellers Eduardo Galeano als Geschenk für US-Präsident Obama brachte Hugo Chávez die Stimmung auf dem OAS-Gipfel auf den Punkt. Anders als noch Amtsvorgänger Bush beim Treffen vor vier Jahre im argentinischen Badeort Mar del Plata erlebte der neue US-Präsident kein öffentliches Abwatschen. Dennoch war es ein Gipfel der geschichtlichen Aufarbeitung der US-Beziehungen zu dem Erdteil, der lange als ihr Hinterhof gegolten hatte.

Obama versuchte vor allem, nach vorne zu schauen. Er sprach von "Neubeginn", von "gleichberechtigter Partnerschaft". Und es kam gut an, dass der US-Amerikaner den Eindruck vermittelte, er höre zu. Aus der Not des Finanzmangels eine Tugend zu machen - und nicht wie einige seiner Amtsvorgänger große Projekte anzukündigen, die letztlich nur dem Fortbestand der US-Vorherrschaft dienten - wurde ebenfalls positiv wahrgenommen.

Doch das Misstrauen der Menschen in Lateinamerika gegenüber dem großen Nachbarn im Norden sitzt sehr tief. Daran ändert ein Amtswechsel im Weißen Haus zunächst wenig. Die Älteren erinnern sich, dass auf einen Kennedy ein Nixon folgte, auf einen Carter ein Reagan, auf einen Clinton ein Bush … Auch wenn sich von Obama viele erhoffen, dass frischer Wind in die politischen Beziehungen kommt - die Beweise für eine tatsächliche Neujustierung sind bisher ausgeblieben.

Reiseerleichterungen für Kuba hat es auch bei Jimmy Carter gegeben. Das Wirtschaftsembargo blieb bestehen. Die Frage ist nicht, ob die lateinamerikanische Region bereit ist für einen Neubeginn, sondern ob Obama innenpolitisch die "gleichberechtigte Partnerschaft" durchsetzen kann. Widersteht er dem Druck im eigenen Land und hebt das Embargo gegen Kuba auf? Hat er den nötigen Rückhalt, die US-Militärpolitik gegenüber Lateinamerika beim Plan Colombia beispielhaft zu ändern? Daran werden ihn die Menschen in der Region messen und nicht an seinem sympathischen "Cómo estás?".

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Kommt aus Karlsruhe. Studierte Politische Wissenschaft in Hamburg und Berlin und arbeitete zwölf Jahre als Redakteur und Geschäftsführer der Lateinamerika Nachrichten in Berlin. Seit 2005 lebt er in Buenos Aires. Er ist Autor des Reisehandbuchs “Argentinien”, 2024, Reise Know-How Verlag.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.