Kommentar Lebensversicherung: Die Tücken der Privatvorsorge

Statt die Riesterrente auszubauen, sollte sie völlig neu bewertet werden. Doch ein Kurswechsel ist nicht zu erwarten.

Die Versicherungsbranche schreit um Hilfe: Weil die Zinsen auf Staatsanleihen und andere sichere Anlagen sinken, werde es immer schwieriger, die garantierten Zinsen auf Lebensversicherungen zu bezahlen, klagen die Lobbyisten.

In harten Zahlen allerdings schlägt sich das bisher nicht nieder: Die großen Lebensversicherer machen weiterhin hohe Gewinne. Und auch im Finanzministerium ist man lediglich der Meinung, beim schlechtesten Fünftel (!) der Branche könne „nicht ausgeschlossen werden“ (!!), dass „einzelne Unternehmen“ künftig „in Schwierigkeiten geraten können“ (!!!).

Diese sensationell vage Prognose genügt der Politik aber, um der Versicherungsbranche praktisch alle Wünsche zu erfüllen. Nachdem der Garantiezins bereits auf einen historischen Tiefststand ist und die Steuern gesenkt wurden, soll nun auch die Berechnung von Rückstellungen und Überschussbeteiligung zugunsten der Unternehmen – und damit zulasten der Versicherten – verändert werden. Statt gezielt bei jenen Unternehmen zu intervenieren, die möglicherweise Probleme bekommen, gibt es Geschenke für alle.

Was hingegen nicht passiert, ist ein grundsätzliches Hinterfragen der Fixierung auf private Vorsorge. Wenn Lebensversicherungen wirklich kaum mehr Erträge erwirtschaften und die Bedingungen für die KundInnen dadurch schlechter werden, widerlegt das schließlich eindrucksvoll die These von der Überlegenheit privater Altersvorsorge. Das könnte man zum Anlass nehmen, die staatlichen Anreize für die – von der heutigen Opposition beschlossenen – Riester-&-Co.-Renten zu überprüfen, statt sie, wie im Zusammenhang mit dem Betreuungsgeld geplant, auszubauen.

Doch ein solcher Kurswechsel ist nicht zu erwarten – dafür wird mit Versicherungen zu viel Geld verdient. Dass sie daran nichts zu ändern gedenkt, hat die Regierung mit ihrer jüngsten Entscheidung eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

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Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

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