Kommentar Linkspartei und EU: Leidige Feindbilder

Die Partei liebt ihre Vorurteile und hat sich mit dem Feindbild einer für immer militaristischen und neoliberalen EU sehr gut eingerichtet. Dafür opfert sie eine fähige Fachfrau in Brüssel.

Die Linkspartei hat eine ihrer erfahrensten EU-Kennerinnen im Europaparlament verloren. Das klingt nach Nachruf, doch Sylvia-Yvonne Kaufmann erfreut sich bester Gesundheit. Aber der Parteitag hat die Politikerin, die 2004 noch die PDS-Liste anführte, für die Europawahl im Juni nicht mehr aufgestellt.

Da Kaufmann sich nicht als Fundamentalkritikerin begreift, liegt sie seit Jahren mit ihrer Partei über Kreuz. Sie hat im EU-Konvent die Verfassung für Europa mit erarbeitet und ein Buch verfasst, in dem sie mit linken Mythen und Irrtümern über den Lissabon-Vertrag aufräumt. Genützt hat es nichts. Die Partei liebt ihre Vorurteile und hat sich mit dem Feindbild einer für immer militaristisch und neoliberal geprägten EU außerordentlich gut eingerichtet.

Auch Kaufmann kritisiert, dass der gut geregelte freie Markt nicht von einer Wirtschaftsregierung und stabilen Sozialstandards flankiert wird. Im Konvent hat sie dafür gekämpft, diesen Geburtsfehler der EU auszubügeln. Die Neudefinition der Europäischen Union im neuen Vertrag als "wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt", reklamiert sie für sich. Das sind zwar nur Worte in einem Vertragstext, doch wer als Politiker nicht mehr daran glaubt, dass Worte in Gesetzen die Welt verändern können, der sollte das Gesetzemachen lieber ganz aufgeben.

Aus der alten Truppe haben nur Gabi Zimmer und Tobias Pflüger halbwegs sichere Listenplätze ergattern können. Zimmer beklagte in den letzten fünf Jahren hauptsächlich das soziale Defizit, Pflüger warnte vor weiterer Militarisierung der Union. In beiden Bereichen hat das EU-Parlament nach derzeit geltendem Nizza-Vertrag aber gar kein Mitspracherecht. An zornigen Pressemitteilungen mit dem Logo der Linkspartei wird auch in der kommenden Legislaturperiode kein Mangel herrschen. Sie werden aber Sylvia-Yvonne Kaufmanns zähe und beharrliche juristische Detailarbeit im Sinne der linken Sache nicht ersetzen können.

DANIELA WEINGÄRTNER

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