Kommentar Löhne und Wirtschaft: Verbraucher sind Lohndrücker

An den Niedriglöhnen in den Boombranchen Dienstleistung und Gastgewerbe tragen die Verbraucher zumindest eine Teilschuld.

Die Berliner Industrie- und Handelsvertreter verwehren sich gegen höhere Löhne - obwohl die Wirtschaft die Krise ihrer Einschätzung nach überwunden hat. Mag auch die Bundeskanzlerin zu höheren Gehältern auffordern - Berliner Unternehmer verweisen auf den Imagefaktor Billigmetropole, den es zu wahren gelte. Gerade in der Gastronomie bestimme nun einmal der Markt den Preis, heißt es lakonisch. Das klingt wie die Arroganz des Kapitalismus und fordert - auf den ersten Blick - einen Aufschrei der Gerechten. Tatsächlich aber haben die Kammern recht: An den Niedriglöhnen in den Boombranchen Dienstleistung und Gastgewerbe tragen wir zumindest eine Teilschuld.

Fast jeder findet es gut, billig essen gehen zu können. Sushi für fünf Euro, das Stück Pizza für zwei Euro - das gilt als cool, lässig, Berlin eben. Man kann hier ja so entspannt um die Häuser ziehen. Diese Einstellung setzt sich bei der Wahl der Übernachtungen und dem Einkaufsverhalten fort: Hauptsache billig. Angeblich kaufen wir ja ausschließlich Bio und wollen faire Arbeitsbedingungen für die chinesischen Reisbauern. Seltsamerweise sind die Billigasiaten und die Dumpingpreishotels immer gut besucht.

Dabei würde es wohl schon helfen, Bewusstsein zu schaffen, nachzudenken: Wo kommt denn der billige Pizzabelag her und wer hat ihn auf den Teig gelegt? Vor Ort nachfragen kostet im übrigen nichts und kann dazu führen, sein Geld gezielter auszugeben. Eine Entschuldigung für Unternehmer, die satte Gewinne auf Kosten ihrer Mitarbeiter einstreichen, ist das selbstredend nicht. Aber ein Signal, dass wir nicht jeden Trend mitmachen, den "der Markt" vorgibt.

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