Kommentar Loveparade-Prozess: Recht ist nicht immer gerecht

Schon früh war klar, dass es im Loveparade-Prozess kein gerechtes Urteil geben würde. Dass es nun wohl kein Urteil gibt, ist mehr als unbefriedigend.

Menschen laufen einen Hang hoch

Kein schicksalhaftes Ereignis ohne Schuldigen: Raver bei der Loveparade (Archivbild 2010) Foto: dpa

Das war es also. Achteinhalb Jahre nach der Loveparade-Katastrophe steht die juristische Aufarbeitung vor ihrem bitteren Ende. Das Landgericht Duisburg will den Prozess, den es nie hatte führen wollen, jetzt nach knapp einhundert Verhandlungstagen einstellen. Damit steht ein Strafverfahren vor seinem Abschluss, das von Anfang an unter keinem guten Stern stand.

Schon dass es bis zum Dezember 2017 gedauert hatte, bis nach heftigem Gerangel endlich die Hauptverhandlung gegen die zehn Angeklagten begann, war für die Hinterbliebenen der 21 Toten, für die mehr als 650 verletzten und die unzähligen traumatisierten FestivalbesucherInnen eine Zumutung. Nunmehr müssen sie auch noch schmerzhaft erkennen, dass Gerechtigkeit und Recht bisweilen nicht identisch sind.

Von vornherein stand fest, dass das Gericht kein gerechtes Urteil würde finden können. Denn dafür hätten mehr als nur sechs ehemalige Mitarbeiter der Stadt Duisburg und vier des Veranstalters Lopavent auf der Anklagebank sitzen müssen. Aber dass es nun gar kein Urteil mehr gibt, ist mehr als unbefriedigend.

Immerhin ist den Richtern nicht vorzuwerfen, sich nicht um Aufklärung bemüht zu haben. Akribisch ließen sie rekonstruieren, was an jenem 24. Juli 2010 passiert ist. Die Beweisaufnahme hat bestätigt, dass eine fatale Mischung aus Größenwahn, Inkompetenz und Verantwortungslosigkeit zu der Katastrophe führte. Dafür verantwortlich waren nicht zuletzt der Veranstalter Rainer Schaller und der damalige Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland, der als Zeuge vor Gericht ein erbärmliches Bild abgegeben hat.

Die tödliche Massenpanik auf der Loveparade war kein schicksalhaftes Ereignis, für das sich keine Schuldigen finden ließen. Doch das bedeutet leider noch nicht, ihnen auch eine konkrete Schuld im juristischen Sinne nachweisen zu können. Aber wenigstens haben die Duisburger Bürgerinnen und Bürger Sauerland vor knapp sieben Jahren per Abwahl dazu gezwungen, jene politische Verantwortung zu übernehmen, die er partout nicht übernehmen wollte. Wenigstens das.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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