Kommentar #MeToo im Fußball: Das Problem sind die Verbände

Im Fußball ist die MeToo-Debatte nicht richtig angekommen. Die Funktionärsebene hat keinen Anreiz zur Aufklärung.

Der Fußballspieler Neymar steht vor Mikrofonen

Im Fußball haben Missbrauchsvorwürfe kaum Auswirkungen: Neymar wurde der Vergewaltigung bezichtigt Foto: ap

Sogar bei sexuellem Missbrauch gibt es im Fußball eine Statusleiter: darüber gesprochen wird eigentlich nur, wenn die mutmaßlichen Täter Ronaldo oder Neymar heißen. Beide Superstars wurden von Frauen der Vergewaltigung bezichtigt, und beide bleiben dabei erschreckend unangreifbar. In Hollywood sind daran Karrieren zerschellt, aber nicht bei König Fußball.

Das muss niemanden überraschen in einer Branche, wo Frauen als Accessoire gelten wie anderswo Kroko-Taschen. Die jüngsten, teils systematischen Missbrauchsfälle im Fußball, aus Afghanistan, Gabun oder Kolumbien, die übrigens auch Jungen als Opfer hatten, interessierten wenige. Dabei sind sie, wie Recherchen nahelegen, nur die Spitze eines riesigen Eisbergs.

Im Fußball ist die MeToo-Debatte bis heute nicht richtig angekommen. Er ist ein abgeschlossener Kosmos, wo man Kinder mit Karriereversprechen locken kann und Frauen in echten Machtpositionen fast nicht vorkommen. Als Spielerinnen sind sie oft extrem abhängig von der Gnade der (männlichen) Trainer und Verbandschefs, sie haben kaum Öffentlichkeit und kaum finanzielle Ressourcen, und all das begünstigt sexuellen Missbrauch. Viele wollen nicht mit Beschwerden auffallen.

Und: Sie sind auch Täterinnen. Aktivistinnen klagen, Frauen in den Gremien hätten die Macho-Kultur des Fußballs teils ­adaptiert und sich integriert. Die meisten Fußballerinnen sind keine Feministinnen. Dass nun Einzeltäter bestraft wurden, ist ein Anfang, ändert aber wenig an bestehenden Strukturen.

Fußball zeigt eindrücklich, welche Dynamiken sich bilden, wenn eine oft isolierte Männerbranche mit vermeintlichem Zusammenhalt verschmilzt. Trotzdem wird MeToo Einfluss nehmen. Zuletzt hat es eine sehr zaghafte feministische Welle im Fußball gegeben. Das Problem bleiben die Verbände: Sie kennen den verborgenen Teil des Eisbergs und können bei Aufklärung nur verlieren. Ihnen einen Anreiz zur Mithilfe zu geben, ohne sie zu pulverisieren, wird eine Herausforderung.

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Jahrgang 1991, studierte Journalismus und Geschichte in Dortmund, Bochum, Sankt Petersburg. Schreibt für die taz seit 2015 vor allem über politische und gesellschaftliche Sportthemen zum Beispiel im Fußball und übers Reisen. 2018 erschien ihr Buch "Wir sind der Verein" über fangeführte Fußballklubs in Europa. Erzählt von Reisebegegnungen auch auf www.nosunsets.de

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