Kommentar Mercedes: Mercedes wird Volkswagen

Es zählt nur das Design, der sogenannte Markenkern wird zur Auto-Suggestion.

Als Daimler noch eine Welt-AG sein wollte und die Fusion mit Chrysler bekannt gab, musste der damalige Konzernchef Jürgen Schrempp immer wieder ein Versprechen abgeben: Niemals werde ein billiges Chrysler-Teil in einen Mercedes eingebaut. Denn die Aktionäre hatten Angst vor Kratzern im hochglanzpolierten Edel-Image der Marke, die für sich in Anspruch nimmt, die besten Autos der Welt zu bauen.

Welt-AG war gestern, dem jetzigen Daimler-Chef Zetsche reichen Kooperationen. Und dass die kleineren Mercedes-Modelle künftig mit Renault-Technik angetrieben werden, scheint auch niemanden mehr zu stören. Und tatsächlich ist es gut, wenn das Daimler-Management nicht mehr nur selbstverliebt auf seine eigenen Ingenieure schaut, die sich in der Vergangenheit zweimal ziemlich vertan haben. Statt auf Hybrid setzten sie weiterhin auf den Diesel und statt eines serienreifen Elektroantriebs wurde ein Brennstoffzellenprototyp nach dem anderen entwickelt.

Wenn der Daimler-Vorstand durch Kostendruck und andere Kundenwünsche nun dazu gezwungen wird, seine Kompetenz bei bezahlbaren umweltfreundlichen Motoren zu verbessern, gibt es keinen Grund, dem technischen Hygienefimmel der vergangenen Jahrzehnte nachzutrauern. Denn die Automobilproduktion ist schon lange globalisiert, Toyota, Peugeot und Citroën bieten zum Beispiel das technisch exakt gleiche Auto unter verschiedenen Namen an, und die Plattformstrategie von Volkswagen wird längst weltweit kopiert. Jeder weiß, dass Audi, Seat, VW und Skoda sich unterm Blechkleid in weiten Teilen gleichen.

Und dennoch kauft nicht jeder die billigere Variante aus den Werken in Osteuropa oder Spanien, sondern wählt Golf oder A 3. Den Marketingleuten und den Markenfans scheint es egal zu sein, ob es tatsächlich noch einen Vorsprung durch Technik gibt. Wichtiger sind Image und Status, die dem Käufer allein durch die Aufladung einer Marke verliehen werden.

Damit dieses Spiel weiter funktioniert, müssen die Konzerne viel Geld für Marketing und Werbung ausgeben, gleichzeitig drücken sie die Kosten bei der Forschung und Entwicklung und suchen ihr Heil in Technikkooperationen. Die Verpackung ist wichtiger als der Inhalt, der sogenannte Markenkern wird zur Auto-Suggestion.

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