Kommentar Moschee-Anschlag in Kanada: Trudeau zeigt Stärke

Gerade stellt sich das Land antimuslimischen US-Dekreten entgegen, schon wird eine Moschee angegriffen. Auch im friedlichen Kanada gibt es Rechtsextreme.

Trudeau schaut nach unten

Trudeau bezeichnet den Sechsfachmord als das, was er ist: einen terroristischen Akt Foto: dpa

Ausgerechnet Kanada. Noch am Wochenende hatte sich Premierminister Justin Trudeau den anti-muslimischen Dekreten des neuen US-Präsidenten Donald Trump entgegengestellt und betont, in Kanada seien Flüchtlinge in Not und Immigranten weiter willkommen. In einer Geste der Mitmenschlichkeit erklärte er sich sogar bereit, gestrandeten Reisenden aus den sieben von Trump geächteten Ländern vorübergehende Visa auszustellen. Frei nach dem Motto: #WelcometoCanada!

Nur einen Tag später dann der Schock. Ein Attentäter aus dem eigenen Land erschießt in einer Moschee in Québec sechs Muslime beim Abendgebet. Noch weiß man nicht viel über den mutmaßlichen Einzeltäter Alexandre B. Doch einiges spricht dafür, dass sich der 27-Jährige, der offenbar schon länger rechtsextremes Gedankengut hegte, womöglich durch Trump und dessen Tabubrüche ermutigt gefühlt hatte.

In dieser Situation hat Trudeau nun Führung bewiesen und den hinterhältigen Sechsfach-Mord an Andersgläubigen als das bezeichnet, was er ist: einen terroristischen Akt. Auch das ist ein deutlicher Fingerzeig in Richtung Donald Trump. Nicht nur von radikalen Islamisten gehen dieser Tage Gefahren für das Gemeinwesen aus. Auch von weißen Kanadiern – und vor allem von deren geistigen Brandstiftern.

Bewunderung für den Wahlsieg Trumps

Denn auch in einem gemeinhin als friedlich und liberal geltenden Land wie Kanada gibt es Rechtspopulisten, die den Trump-Effekt am liebsten importieren würden. Ex-Premier Stephen Harper etwa sparte nicht mit Bewunderung für den Wahlsieg Trumps.

Eine der Kandidatinnen für den Vorsitz der Konservativen wirbt bei den parteiinternen Vorwahlen derzeit mit der Forderung nach Gesinnungstests für Einwanderer mehr oder weniger offen um die Stimmen islamophober Parteimitglieder.

Bislang ist es Trudeau gelungen, den Druck von Rechts abzuwehren und die liberalen Grundwerte Kanadas zu verteidigen. Einiges spricht dafür, dass die Mehrheit der Kanadier ihm weiter folgt und nach dem Anschlag zusammenrückt, um Freiheit und religiöse Vielfalt zu verteidigen. Trotz oder vielleicht auch gerade wegen Donald Trump. Die Welle der Solidarität mit den Muslimen in Kanada ist derzeit jedenfalls groß. Man kann nur hoffen, dass dies auch so bleibt.

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Berichtet seit 2010 für die taz als freier Korrespondent aus und über Kanada. Davor Studium der Politik, Volkswirtschaft und des Öffentlichen Rechts in Freiburg, Potsdam und Ottawa. Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg. Erfahrung als Redakteur in Berlin in den Resorts Wirtschaft, Politik und Parlamentsbüro.

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