Kommentar NSU-Prozess: Ein beispielloser Imageverlust

Die Bundesregierung merkt nicht, wie sich das Bild Deutschlands im Ausland dramatisch verschlechtert. Auch, aber nicht nur, wegen des NSU-Prozesses.

Die türkische Öffentlichkeit ist entsetzt. Der türkische Vizeministerpräsident Bekir Bozdag sprach am Freitag aus, was die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung denkt. Warum wird die türkische Presse und der türkische Botschafter vom NSU-Prozess in München ausgesperrt, wenn die Deutschen nichts zu verbergen haben?

Die arrogante und ignorante Behandlung der türkischen Öffentlichkeit durch das Münchner Gericht ist das i-Tüpfelchen in einer Affäre, die schon jetzt die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei schwer erschüttert. Kein Mensch glaubt hier mehr an die offizielle Version von Pleiten, Pech und Pannen in Bezug auf die Mordserie der rechtsradikalen NSU.

Jahrelang soll niemand auf die Idee gekommen sein, dass die Morde einen rassistischen, antitürkischen Hintergrund hatten. Jahrelang sollen die Geheimdienste nichts gewusst haben, aber als es an die Aufklärung ging, wurden meterweise Akten geschreddert.

Dass im Bundesamt für Verfassungsschutz muslimische Kollegen mit Migrationshintergrund systematisch gemobbt werden, muss nicht näher untersucht werden, weil ja angeblich längst alles geklärt ist. Und nun die Aussperrung der türkischen Presse – ganz regelkonform, versteht sich.

Zielsicher nähren deutsche Behörden so den Verdacht, dass die Morde an türkischen Kleinunternehmern weit über den Kreis der NSU hinaus stillschweigenden Beifall gefunden haben und jetzt die Verbindungen zu Hintermännern gezielt vertuscht werden sollen.

Offenbar merkt man in Berlin nicht, wie sich das Bild Deutschlands im Ausland derzeit dramatisch verschlechtert. Das seit 1945 mühsam erarbeitete Image des harmlosen Saubermanns wird in Südeuropa und der Türkei gerade zügig durch das des hässlichen Deutschen ersetzt.

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