Kommentar Nachwahl in Frankreich: Sieg der Rassisten

Es ist die erste Wahl nach dem Attentat auf „Charlie Hebdo“. Der Front National schürt skrupellos anti-islamische Ängste und gewinnt.

War kurz untendurch – ist jetzt aber wieder obenauf: FN-Chefin Marine Le Pen. Bild: dpa

Die Angstmacher und Rassisten haben wieder Rückenwind. Im ostfranzösischen Departement Doubs kann sich der rechtsextreme Front National die Hände reiben. Seine furchteinflößende Wahlkampagne gegen die „islamistische Gefahr“ hat bestens funktioniert. Die FN-Kandidatin liegt nach dem ersten Wahlgang mit 32,6 Prozent klar an der Spitze. Ihr sozialistischer Gegner kann froh sein, dass er sich für die Stichwahl am kommenden Sonntag überhaupt qualifizieren konnte.

Hier geht es nicht um Lokalpolitik. Denn es handelt sich um die erste Wahl nach den Pariser Attentaten. Sie wird damit zu einer Testwahl, die im ganzen Land mit großer Aufmerksamkeit verfolgt wird. Dass dabei eine vor Ort kaum verankerte Vertreterin des FN im Vergleich zu 2012 auf Kosten der Linken um 12 Prozent zulegen kann, ist auch darum relevant.

Bislang war diese Gegend in der Franche-Comté mit ihrer Autoindustrie nie als Hochburg der extremen Rechten aufgefallen. Es wird in Frankreich langsam, aber sicher zur Regel, dass der FN von Marine Le Pen als stimmenstärkste Partei abschneidet. Auch in den Umfragen zu den Präsidentschaftswahlen 2017 liegt die FN-Chefin nun regelmäßig mit Abstand vor allen linken und rechten Konkurrenten.

Effiziente Skrupellosigkeit

Im Fall dieser Nachwahl hat der FN skrupellos auf die Karte der Angst gesetzt und die tragischen Ereignisse ausgeschlachtet: Auf einem Flugblatt (mit einer Grafik wie aus dem Kalten Krieg) wird Frankreich wie von Dschihadisten umzingelt dargestellt. Darunter verknüpft Marine Le Pen die Bedrohung durch „tausende“ Terroristen kausal mit der Immigrationspolitik. So falsch, so schrecklich effizient.

Die Welle der breiten Solidarität mit Charlie Hebdo ist vorbei und das Gefühl der nationalen Einheit auf der Basis der Grundwerte der Republik verpufft. Von der „Union sacré“ bleibt als kläglicher, aber wichtiger Rest der Wille, die Eroberung eines weiteren Mandats in der Nationalversammlung durch den FN zu verhindern.

Im Wahlkreis bei Montbéliard kann der Kandidat der Sozialisten hoffen, dass er am nächsten Sonntag mit Unterstützung der Grünen und Kommunisten, aber auch eines Teils der Stimmen aus der bürgerlichen Opposition – vielleicht gerade noch gewählt wird.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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