Kommentar Nahostkonflikt und Religion: Die letzte Vernunft

Immer wieder sind religiöse Gefühle missbraucht worden – von Demagogen in Israel und Palästina. Politik und Religion gehören auseinander.

Hebron am 14. November. Das Grab dort sollte ebensowenig Streitobjekt sein wie der Tempelberg in Jerusalem. Bild: reuters

Der ehemalige libanesische Staatspräsident Charles Helou malte einst ein düsteres Bild von den Aussichten auf eine Beilegung des israelisch-palästinensischen Konflikts: Solange es um ein für drei Weltreligionen „Heiliges Land“ gehe, sei nicht daran zu denken – „denn über ein ’Heiliges Land‘ macht doch niemand Kompromisse“. Zumindest für Juden und Muslime trifft diese Zuschreibung unvermindert zu.

Es nimmt deshalb Wunder, dass nach dem Mordanschlag in einer Jerusalemer Synagoge von einer neuen Qualität der Auseinandersetzung gesprochen wird: Wurde denn nicht erst kürzlich eine Moschee auf der Westbank von Israelis in Brand gesetzt? Zerbombte die israelische Luftwaffe im Sommer in Gaza denn nicht auch Moscheen, und hat es seit dem Sechstagekrieg (1967) nicht immer wieder Angriffe und Überfälle auf Gotteshäuser und Gläubige der jeweiligen Gegenseite gegeben?

Immer wieder sind religiöse Gefühle und Überzeugungen missbraucht worden von Demagogen auf beiden Seiten. Erkennt „Hamas“ in Gaza wirklich nicht, wie wenig ihr Jubel über den Synagogenüberfall sie noch von Ministerpräsident Netanjahu trennt, wenn dieser vom „Kampf um Jerusalem“ spricht und einer weiteren Bewaffnung der israelischen Bevölkerung zustimmt?

Politik und Religion sollten auseinandergehalten und das „Trennende“ der Demagogen zum Bindeglied gemacht werden. So ist der jüdische Erzvater Abraham für die Muslime der wichtige Prophet Ibrahim. Sein Grab in Hebron sollte ebensowenig Streitobjekt sein wie der Tempelberg in Jerusalem.

Leider mangelt es beiden Seiten an Einsicht und Vernunft. Das Ausland hat mit seiner Vermittlerrolle bisher auch versagt. Die Vernünftigen haben längst begonnen zu resignieren.

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