Kommentar Nationalismus in Frankreich: Wie norwegisch bist du?

Der Polemik zuliebe hat Premier Fillon in seiner patriotischen Entrüstung am Grundsatz der Gleichheit gerüttelt. Das taten bisher nur die fremdenfeindlichsten Nationalisten.

Es war eine politisch nützliche Provokation von Eva Joly, am Sinn und Zweck der jährlichen Militärparade zur Nationalfeier laut zu zweifeln. So ist eine solch gigantische Machtdemonstration, wie sie sonst nur noch in Nordkorea oder China inszeniert wird, wirklich befremdend. Zumindest für ausländische Beobachter. Den französischen Hurrapatrioten auf den Champs-Élysées jedoch kommt vor allem die norwegischstämmige Joly fremd vor.

Es ist ja sehr bezeichnend, wenn in einer Republik wie Frankreich, in der (bisher wenigstens) jeder und jede in Frankreich Geborene und Aufgewachsene ohne Einschränkung durch Herkunft, Rasse oder Religion Franzose bzw. Französin ist, eine Eingebürgerte wie Joly öffentlich als "unfranzösisch" gebrandmarkt wird, um ihr damit auch jede Legitimität zu entziehen, im Namen des Volkes, versteht sich.

Natürlich ist es provokant, sich an einer heiligen Kuh wie der traditionellen Ehrung der Militärs am französischen Nationalfeiertag, dem 14. Juli, zu vergreifen. Durchgefallen aber sind Premierminister François Fillon zusammen mit etlichen Parteikollegen und der Rechtsextremistin Marine Le Pen. Der Polemik zuliebe hat er in seiner patriotischen Entrüstung mal eben am Grundsatz der Gleichheit gerüttelt - was bisher nur die fremdenfeindlichsten Nationalisten taten.

Die Aberkennung der französischen Nationalität gehörte zur faschistischen Praxis des Vichy-Kollaborationsregimes während des Zweiten Weltkriegs. Seit geraumer Zeit wollen einige in der Regierungspartei UMP das Recht auf die Doppelstaatsbürgerschaft abschaffen. Joly, so meinen nun einige in der UMP, liefere ihnen hierfür Munition. Sie haben nur einmal mehr bewiesen, dass rassistische Ideologien befremden sollten - und nicht die Herkunft von Mitbürgern.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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