Kommentar Neonazi-Aufmarsch: Die Niederlage von Dresden

Den Neonazis ist es gelungen, in Dresden ein zentrales Happening der rechten Szene zu inszenieren. Derweil zeigt sich die Gegenseite zerstritten - dank der CDU.

Noch mal glimpflich gelaufen, könnte man meinen. Wie erwartet marschierten am Samstag rund 6.000 Rechtsextremisten durch die Dresdner Innenstadt, um der Bombardierung von 1945 zu gedenken, die sie verleumderisch als "Bomben-Holocaust" bezeichnen. Rund 10.000 Menschen demonstrierten dagegen.

Und die Polizei zieht eine weitgehend positive Bilanz - es sei doch nicht zu Ausschreitungen zwischen Linken und Neonazis gekommen. Ja, es hätte alles viel schlimmer werden können. Und doch: Dresdens 14. Februar 2009 ist eine Niederlage für alle demokratischen Kräfte. Schuld daran trägt die CDU.

Seit Jahren bemühen sich die Neonazis und die rechtsextremistische NPD um ein zentrales Happening, das ihr über ihre Szene hinaus Zulauf verschafft. Der Gedenkmarsch für Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß im bayerischen Wunsiedel war ein Versuch. Ein zweiter sollte der Aufmarsch an Deutschlands größtem Soldatenfriedhof aus dem Zweiten Weltkrieg im brandenburgischen Halbe sein.

Beide Aufmärsche sind inzwischen verboten. In Dresden ist die Strategie nun aufgegangen. Den Neonazis gelang am Samstag ihr europaweit größter Aufmarsch seit der Niederlage der Nazis 1945.

Die Gegenseite hingegen zeigte sich zerstrittener denn je. In üblicher Manier weigerte sich die sächsische CDU, bei den Vorbereitungen mit Antifas und Vertretern der Linkspartei in einem Bündnis zu sitzen. SPD, Linke und Grüne, die mit ihren Bundesspitzen vertreten waren, hatten erkannt, dass es sich in Dresden nicht um einen beliebigen Aufmarsch handelt, den Neonazis - schlimm genug - inzwischen nahezu jedes Wochenende in irgendeiner Kleinstadt abhalten.

Die CDU-Spitze hingegen überließ die Aufgabe allein ihren sächsischen Vertretern. Und denen war nichts wichtiger, als sich von allen linken Kräften abzugrenzen.

2010 wird sich die Bombardierung Dresdens zum 65. Mal jähren. Für Bekenner der Demokratie gibt es keine Alternative dazu, sich auch im nächsten Jahr mit zivilgesellschaftlichem Protest den Neonazis und ihrer revisionistischen Propaganda entgegenzustellen. Die CDU darf sich dem nicht länger verweigern.

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war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.

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