Kommentar Neonaziaufmarsch: In die falsche Richtung gelotst

Die Polizei ist formal verpflichtet, einen Marsch auf Basis des Demonstrationsrecht durchzusetzen. Aber nicht um jeden Preis!

Das Verhalten der Polizei war weder angemessen noch notwendig. Die politischen Vorgaben und das gesellschaftliche und mediale Klima in der Stadt waren anders. Zugegeben: Die Polizei ist formal verpflichtet, wenn das Oberverwaltungsgericht ein Verbot aufhebt, einen Marsch – auch wenn es sich um Neonazis handelt – auf der Basis des Demonstrationsrecht durchzusetzen. Ob es der breiten Öffentlichkeit nun gefällt oder nicht.

Aber nicht um jeden Preis! Es war frühzeitig erkennbar, dass der Aufmarsch des Neonazi-Tandems Thomas Wulff und Christian Worch wegen der breiten Proteste vor Ort im Stadtteil ein Flop wird. Es ist dann nicht Aufgabe der Sicherheitsbehörden, für die militante Naziszene öffentliche Busse zu chartern, um sie erster Klasse zum Versammlungsort zu karren.

Und dann noch das Geschenk der neuen Demoroute. Die Polizei hat die Pflicht, nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vorzugehen. Ist der angemeldete Marschweg frei – was er zu einem gewissen Teil ja auch war, weil das Gebiet seit dem Morgen hermetisch abgeriegelt war – dann hätte man ihn auch gehen können. Ist er dann aber irgendwann blockiert, muss die Polizei abwägen, ob Zwangsmittel gerechtfertigt sind oder ob der Aufmarsch abgebrochen werden muss. Das hat sie selbst im Auflagenbescheid für den Aufmarsch formuliert – und die Neonazis haben ihn sogar abgenickt.

Den rechten Marsch mit martialischem Aufgebot in ein ganz anderes dicht besiedeltes Quartier zu führen – wozu friedliche Blockaden geräumt werden mussten – entspricht allem anderen als diesem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Polizei hätte vorher erkennen können und müssen, dass sie Worch und Konsorten in eine Sackgasse führen würden und viele tausend Gegendemonstranten, die sich ja nicht überraschend in den Weg gestellt haben, den Gefahren von Verletzungen aussetzt - und auch mit der Gesundheit ihrer Beamten spielt.

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