Kommentar Neuer Wirtschaftsminister: Ende des Versteckspiels

Mit dem neuen Ressortchef wird die Union auch ihr Profil für Wirtschaftspolitik schärfen. Guttenberg wird nicht so unsichtbar bleiben wie sein Vorgänger.

Wie das wirtschaftspolitische Gesicht der Union künftig aussehen könnte, galt zuletzt als eine der rätselhaftesten Fragen der deutschen Politik. Jetzt ist sie erst einmal beantwortet, und zwar auf eine Art und Weise, mit der bis zum Wochenende niemand gerechnet hätte: Karl-Theodor von Guttenberg, der smarte Außenpolitiker und CSU-Generalsekretär, muss nun die vielfach beklagte Lücke ausfüllen. Womit, ist allerdings weit weniger klar - und genau darin liegt seine Qualifikation.

Der Charme seines unauffälligen Vorgängers Michael Glos lag für Kanzlerin Angela Merkel vor allem darin, dass er sie nicht zu einer inhaltlichen Festlegung zwang. Merkel konnte mal Steuersenkungen beschließen, dann wieder die Verstaatlichung von Unternehmen in Betracht ziehen - ganz, wie es machtpolitisch gerade opportun erschien. Sie konnte mit der SPD Konjunkturpakete aushandeln und deren Finanzminister ins Krisenmanagement einbinden - in der Gewissheit, dass etwaige Erfolge nach allen Regeln der bundesdeutschen Wahlgeschichte der Regierungschefin zugeschrieben werden.

Mit einem Ressortchef, der so sichtbar ist wie Guttenberg, wird dieses Versteckspiel nicht mehr ohne weiteres funktionieren. Dass die Union den Wirtschaftsminister stellt, hatte die große Mehrheit der Bevölkerung zuletzt vergessen. Jetzt wird plötzlich wieder ein prominenter Politiker aus ihren Reihen dabei sein, wenn Merkel mit der SPD über Rettungspakete oder Konjunkturprogramme verhandelt. Und anders als der Moderatorin im Kanzleramt wird man ihm eine klare Positionierung abverlangen.

Dann aber könnte sich schnell offenbaren, dass die Rufer nach einem schärferen wirtschaftspolitischen Profil höchst unterschiedliche Ziele verfolgen. Da gibt es die Haushälter, die gegen hohe Defizite kämpfen und Steuersenkungen deshalb skeptisch sehen. Es gibt die Mittelständler, denen die Abgaben nicht weit genug sinken können. Und schließlich gibt es Politiker, für die ein erfolgreiches Krisenmanagement notfalls auch die Verstaatlichung von Firmen umfasst. All diese Widersprüche sind mit der Berufung eines neuen Ressortchefs lange nicht gelöst.

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