Kommentar Nordkoreas Raketenflop: Provozieren reicht

Der verpatzte Raketenstart am Donnerstag hat Nordkoreas neuen Führer zwar nicht wirklich stärker gemacht, aber auch nicht erheblich geschwächt.

Was für eine Niederlage. Der junge Kim Jong Um ist noch keine vier Monate als neuer Machthaber von Nordkorea im Amt. Dennoch hat er sich mit dem gescheiterten Raketentest schlimm blamiert. Dabei wollte der 30-Jährige der Weltöffentlichkeit zeigen, dass er trotz seines jungen Alters sehr wohl imstande ist, in die Fußstapfen seines tyrannischen Vaters und Großvaters zu treten. Doch beim großspurig angekündigten Test stürzte die Rakete vom Typ Taepodong-2 samt Beobachtungssatelliten nur eine Minute nach dem Start ins Gelbe Meer. Ein schlimmeres Debakel hätte es für den neuen Diktator zu seinem Einstieg nicht geben können - möchte man meinen.

Doch dem ist nicht so. Sicherlich wäre es für Kim Jong Um sehr viel besser gelaufen, wenn es die Träger- und Langstreckenrakete tatsächlich ins All geschafft hätte. Er hätte nicht nur Nordkoreas Feinden in unmittelbarer Nachbarschaft, Südkorea und Japan, die Zähne gezeigt, sondern vor allem auch deren Schutzmacht, den mächtigen USA. Doch in dem seit sechs Jahrzehnten isolierten Stalinistenstaat gelten andere Maßstäbe.

Der nordkoreanischen Führungsriege genügt es Südkorea, die USA und den Rest der Welt provoziert und eingeschüchtert zu haben. Das gelang ihr bereits mit der bloßen Ankündigung eines Raketentests. Zudem ist es nicht das erste Mal, dass Nordkoreas Machthaber technologisch viel versprochen haben, aber tatsächlich überfordert sind. Pjöngjangs 2006 und 2009 abgeschossene Raketen fielen ebenfalls ins Wasser oder stellten sich als Blindgänger heraus.

ist Asien-Koresspondent der taz und lebt in Peking.

Diese Niederlagen hatte Vater Kim auch schon nicht vom Thron gestoßen. Dass nun die Amerikaner als Reaktion auf den jüngsten Raketentestversuch schon wieder die Nahrungsmittelhilfe einstellen wollen, wird es diesem Regime erleichtern, die Bevölkerung hinter dem jungen Kim zu vereinen. Leid schweißt häufig zusammen.

Der verpatzte Raketenstart am Donnerstag hat Nordkoreas neuen Führer zwar nicht wirklich stärker gemacht, aber auch nicht erheblich geschwächt. Die Weltgemeinschaft muss sich in den kommenden Jahren auf einen unzurechnungsfähigen und damit gefährlichen Despoten einstellen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.