Kommentar North Carolina: Pipi, Kacka, Kuchenbacker

Rassismus und Transphobie haben einen neuen Namen: House Bill 2. In North Carolina will das Zivilrecht regeln, wer auf welches Klo darf.

„No closets no shadows“ in einem Logo

Natürlich gibt es auch Gegenkampagnen. Etwa von „Southerners on New Ground“ Foto: http://southernersonnewground.org

Schon scheiße, wenn die Linke in den USA so stark auftritt, wie lange nicht mehr. Da wollen die Republikaner zumindest ihre öffentlichen Klos vor Trans*Menschen beschützen und weiter heterosexuelle Kuchen backen dürfen.

Der backlash tobt. In öffentlichen Einrichtungen und Schulen in North Carolina bestimmt seit der Ratifizierung des House Bill 2 (HB2) im März das eingetragene Geschlecht auf der Geburtsurkunde den Gang zur Toilette. „Frauen und Mädchen“ werden zu potenziellen Opfern von Trans*Frauen erklärt, die wiederum zu gewalttätigen Männern gemacht werden.

Dass es verfassungsrechtliche Klagen gegen HB2 geben würde, war dabei einkalkuliert. Es geht um den öffentlichen Diskurs und wer sich an öffentlichen Plätzen frei bewegen kann. Pat McCrory, Gouverneur von North Carolina, rudert auf öffentlichen Druck, halbherzig zurück.

In einer Videobotschaft schafft er es, die Worte „Trans“ oder Pipi-Machen nicht ein einziges Mal in den Mund zu nehmen. Stattdessen spricht er von „common sense“ und der „Privatssphäre aller“, die gewahrt werden soll. „Alle“ sind also wieder nur die, die als vollwertige Menschen gelten. Unsichtbarmachung als Platzverweis.

Der „Trump-Effekt“ befördert vor allem eines: Dass Machtkämpfe offen ausgetragen werden und sogenannte Minderheiten, die sich diese Zuschreibung spätestens seit #blacklivesmatter und #Not1More nicht mehr gefallen lassen, unverhohlen diskriminiert werden. HB2 legt nämlich auch fest, dass Kommunen, keinen eigenen Mindestlohn mehr festlegen können. Das trifft Schwarze und migrantische Communities am härtesten.

Breiter Interpretationsspielraum

Die House Bill 1523 in Mississippi garantiert derweilen, dass private Einrichtungen und Unternehmen sich in der Verweigerung von Hochzeitstorten, Arbeitsplätzen und Wohnungen auf „religiöse Freiheit“ berufen können oder zum Beispiel eine bestimmte Arbeitskleidung verlangen.

Rassismus und Transphobie sind also nicht nur wieder sagbar, sondern der Stoff aus dem Zivilrecht gestrickt wird. Dass die Polizei in North Carolina keine strafrechtliche Grundlage für Festnahmen hat, ist dabei zweitrangig. Denn sie könnte die Vorgaben als widerrechtliches Betreten eines Grundstückes oder gar Erregung öffentlichen Ärgernisses interpretieren.

Wo das nicht geschieht, tritt die zivile Klopolizei auf den Plan. In queerer und feministischer Tradition rufen die Gegenkampagnen #WeCame2Slay, #freefromfear und #timetoescalate darum zu zivilem Ungehorsam, Boykott und Reiserücktritten auf. Bruce Springsteen hat den Ruf bereits erhört, weitere werden folgen.

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Redakteurin für Kunst in Berlin im taz.Plan. Alle 14 Tage Kolumne Subtext für taz2: Gesellschaft & Medien. Studierte Gender Studies und Europäische Ethnologie in Berlin und den USA. 2020 Promotion "Chrononauts in Chromotopia" zum Lusterleben in der abstrakten Malerei. Themen: zeitgenössische Kunst, Genderqueerness, Rassismus, Soziale Bewegungen.

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