Kommentar Öko-Shopping in der Krise: Öko für alle

Viele Verbraucher können sich Öko-Produkte nicht leisten. Doch anstatt mit den Konjunkturprogrammen hier anzusetzen, hat die Merkel-Mannschaft nur Masse im Auge.

Am Ökobewusstsein mangelt es nicht hierzulande. Die meisten Deutschen wissen, wie eine neue Studie zeigt, dass die Menschheit auf Pump lebt, zu viel Energie verschwendet, mit Rohstoffen schlampt. Nur: Grüner gehts bei vielen nicht. Viele arme Haushalte können sich Öko nicht leisten. Ein Hartz-IV-Haushalt müsste bei den derzeitigen Regelsätzen knapp 20 Jahre sparen, um einen guten Ökokühlschrank kaufen zu können.

Den Armen ist nichts vorzuwerfen - der Regierung schon. Denn wer mehr Umweltschutz von seinen Bürgern fordern will, muss etwas tun. Dafür war die Gelegenheit selten besser als jetzt. Doch mit dem Milliardenprogramm, mit dem die Bundesregierung den Konsum anwerfen und die Wirtschaft vor dem Kollaps retten will, macht sie gleich zwei grobe Fehler. Erstens plant Schwarz-Rot nur Steuerentlastungen, die vor allem den Gutverdienern zugute kämen. Die aber werden das Geld eher sparen, als es auszugeben. Zweitens denkt die Merkel-Mannschaft nur an Masse, aber nicht an Klasse. Besser wäre eine Art "Öko-Shopping-Programm". Damit könnte die Regierung etwa einkommensschwache Haushalte mit "Öko-Gutscheinen" im Wert von insgesamt 200 Millionen Euro unterstützen - so viel Geld veranschlagen Forscher dafür, dass sich der effizientere Eisschrank bei Kunden durchsetzt. Die Idee dafür hat Umweltminister Gabriel schon im Sommer vorgestellt - und rasch wieder verworfen, statt sie im Angesicht der Finanzkrise umzusetzen. Dabei würden sich die "Öko-Gutscheine" für Geringverdiener sogar doppelt rechnen: Bei ihnen macht die Stromrechnung schließlich derzeit acht Prozent ihres Einkommens aus - bei den Reichen dagegen nur drei.

Die Bundesregierung agiert mutlos. Dabei könnte die Forschungsministerin mehr Geld verlangen, damit mehr energiesparende Geräte entwickelt werden können; die Agrarministerin das Bioessen in Problemschulen fördern. Das wäre nicht nur öko, sondern auch gerecht. Sonst droht eine Öko-Zweiklassengesellschaft, in der Ökologisches zum Luxus verkommt, den sich wenige Reiche als Statussymbol leisten.

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War von 2002 bis 2013 in der taz, leitete dort zuletzt das Inlandsressort. Jetzt gehört sie zum Büro die-korrespondenten.de im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin. Sie schreibt vor allem über Umwelt-, Verbraucher- und Wirtschaftspolitik.

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