Kommentar Ölpest: Harsche Worte kosten nichts

Obama hat die Chance, in Sachen Ölkatastrophe Führung zu zeigen. Wenn ein grundsätzliches Umdenken überhaupt möglich ist, dann jetzt. Doch bis jetzt gibts nur billiges BP-Bashing.

US-Innenminister Ken Salazar verliert demonstrativ die Geduld mit dem Ölriesen British Petroleum. Wenn der Konzern nicht endlich seiner Verantwortung nachkomme und das Leck am Meeresgrund verschließe, werde die Regierung BP "aus dem Weg räumen", sagt Salazar. Klingt gut: Endlich legt sich die Politik mit den Multis an. Haben wir darauf nicht schon lange gewartet? Bloß: Es ist zu durchsichtig. Was ist denn, wenn BP von der Verantwortung, die sprudelnde Ölquelle endlich dicht zu bekommen, entbunden wird? Dann hat die Regierung selbst den Handlungsdruck, und keiner kann bislang sagen, ob sie zu besseren Lösungen käme als BP.

Denn der Fehler im System liegt ja nicht allein darin, dass BP jetzt nicht so recht weiß, was zu tun ist. Der Fehler liegt vor allem in jahrelang absichtsvoll-nachlässigen Kontrollen der Sicherheit, im Lügen und Betrügen vor wie nach der Katastrophe vom 20. April.

Seit der Explosion der "Deepwater Horizon" hat die US-Regierung, soweit das überhaupt einzuschätzen ist, nicht viel falsch gemacht. Sie hat weitere Bohrungen per Moratorium gestoppt, eine Veränderung der Sicherheitssysteme - intransparente Verfahren mit starkem Einfluss der zu kontrollierenden Konzerne - in Angriff genommen und angekündigt, BP die Zeche für die Schäden zahlen zu lassen. Die Umweltkatastrophe, die die Ökosysteme und die Wirtschaft der gesamten Region auf Jahre, wenn nicht Jahrzehnte zerstört, ist trotzdem nicht ansatzweise unter Kontrolle.

Mag sein, dass BP die Krise nicht übersteht. Nur nutzt das erst mal weder der Umwelt noch der Regierung Obama. Und wer dieser Tage einen Blick auf die Meinungsseiten der US-amerikanischen Zeitungen wirft, stellt erstaunt fest, dass nicht der Umgang mit der mutmaßlich größten Ölkatastrophe aller Zeiten, sondern die Vorwahlen vom vergangenen Dienstag die politische Agenda bestimmen. Vorwahlen sind vertrautes Terrain. Sie erlauben Politbusiness as usual.

Obama hat die Chance, in dieser Krise Führung zu zeigen. Wenn ein grundsätzliches Umdenken überhaupt möglich ist, dann jetzt. Nur braucht niemand zu glauben, der US-amerikanische Politbetrieb wäre hier besonders engagiert. Berichte über eineinhalb Dutzend Ausnahmen vom Bohrstopp-Moratorium machen zudem misstrauisch, was Obama eigentlich will. Krachendes BP-Bashing kostet nichts. Es ist billig. Zu billig.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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