Kommentar Ozonloch: Deutsche Umweltrhetorik

Der internationale Kampf gegen das Ozonloch macht Fortschritte. Doch: Politische Ziele auf Konferenzen zu formulieren ist schön - sie im eigenen Land umzusetzen, besser.

Man mag es kaum glauben: Die internationale Klimadiplomatie hat sich auf ein neues Abkommen zum Schutz der Erdatmosphäre geeinigt. 20 Jahre nach dem ersten völkerrechtsverbindlichen globalen Umweltgesetz - dem Montrealer Protokoll zum Kampf gegen das Ozonloch - verpflichteten sich an diesem Wochenende 191 Vertragsstaaten, schneller aus der Produktion ozon- und klimaschädlicher Gase auszusteigen.

Na bitte, geht doch, möchte man meinen und hoffnungsfroh auf die nächste Klimakonferenz blicken, die heute am Sitz der UNO in New York beginnt. Leider ist der Optimismus völlig fehl am Platz. Wieder wird Kanzlerin Angela Merkel die Wichtigkeit der Treibhausgasreduktion betonen, wieder wird Bundesumweltminister Sigmar Gabriel "Amerika ins Boot holen" wollen. Aber diese Rhetorik ist verlogen. Zu Hause in Berlin nämlich ist Klimaschutz zur Verbalakrobatik verkommen.

Es wurde leider nicht gezählt, wie oft die Bundesregierung am Tag das Wort "Klimaschutz" in den Mund nimmt. Es lässt sich aber zählen, wie viele wirksame Gesetze zur Reduktion von Treibhausgasen das Kabinett Merkel bislang verabschiedet hat. Ergebnis: null.

Seit Beginn der großen Koalition streiten Union und SPD über ein Wärmegesetz oder den Ausbau der klimafreundlichen Kraft-Wärme-Kopplung. Jeder Klimapolitiker weiß, dass es nicht ohne Tempolimit, nicht ohne Flugbenzinbesteuerung, nicht ohne ein Effizienz-Gesetz gehen wird. Aktiv wurde diese Regierung in Sachen Klimaschutz bislang allenfalls, wenn sie vom europäischen Gesetzgeber dazu gezwungen wurde.

Damit muss endlich Schluss sein: Wer im eigenen Land nichts leistet, darf sich international nicht als Klimaschützer par excellence aufführen. Man mag ja Merkel und Gabriel ihre Bemühungen gern glauben. Dann müssen sie sich aber auch mal im Bundeskabinett durchsetzen. Politische Ziele auf Konferenzen im Kampf gegen Kohlendioxid zu formulieren - das ist gut und schön. Es kommt aber vor allem darauf an, sie auch praktisch umzusetzen. NICK REIMER

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Seit 1998 bei der taz (mit Unterbrechungen), zunächst als Korrespondent in Dresden, dann als Wirtschaftsredakteur mit Schwerpunkt Energie, Klima und Landwirtschaft, heute Autor im Zukunftsressort.

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