Kommentar Papstbesuch: Die Kirche boxt weiter

Die Säkularisierung Deutschlands wird voranschreiten, auch ein noch so prächtiger Papstbesuch kann sie nicht aufhalten. So war das Ganze nur ein halber Erfolg für den Papst.

Rund 30 Millionen Euro hat der viertägige Papstbesuch gekostet - und was hat das Ganze nun gebracht? War es ein Erfolg?

Für die nichtchristlichen Bürgerinnen und Bürger, etwa 30 Millionen Menschen, dürfte der Gewinn der Reise eher gering sein. Für die restlichen 50 Millionen standen zwei Aspekte im Vordergrund: Zum einen kam der Papst nach Deutschland, also in das Geburtsland Martin Luthers und des Protestantismus - Fortschritte in der Ökumene zu erhoffen, war also nicht ganz abwegig. Zum anderen reiste Benedikt XVI. in einen Staat, dessen katholische Kirche in Folge des Missbrauchsskandals in der größten Krise ihrer Geschichte steckt. Hier gab es die Hoffnung, dass der Papst die Krise beenden, zumindest die Stimmung in der Kirche heben könnte.

Die Hoffnungen in Sachen Ökumene wurden enttäuscht, auch wenn die Bilder aus dem Augustinerkloster schön waren. Vielleicht war der Ort des Gesprächs, Luthers erste Wirkungsstätte, am Ende schon die eigentliche Nachricht.

Auch die Krise der Kirche in Deutschland hält natürlich weiter an, dazu sind die Daten in Sachen Priestermangel und Austrittszahlen zu erdrückend. Auch die Aufarbeitung des erschütternden Missbrauchsskandals wird und muss weitergehen, sonst hat die Kirche nichts gelernt. Nur die Stimmung im Kirchenvolk könnte nach dem Papstbesuch etwas besser geworden sein, zumindest wenn man den TV-Bildern glaubt.

Die Säkularisierung der deutschen Gesellschaft wird voranschreiten, auch ein noch so prächtiger Papstbesuch kann sie nicht aufhalten. So war das Ganze am Ende nur ein halber Erfolg für den Papst. Die katholische Kirche hat sich bei diesem Besuch des Papstes wie ein alter Boxer präsentiert, der angesichts der alten Lieder wieder Mut fasst und noch einmal seine beachtlichen Muskeln zeigt. Kampflos geht er nicht aus dem Ring.

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