Kommentar Portugal: Europa ist am Ende

Die EU ist ein Projekt der Märkte, Solidarität war gestern. Reiche Länder verdienen an der Krise, die armen Nationen rutschen ab. Portugal ist das Symbol des Scheiterns.

Der Euro: Freund der Reichen. Bild: dpa

Gestern noch Musterschüler – heute durchgefallen. Portugal ist am Ende. Nicht nur, dass das Verfassungsgericht einen Großteil der von der Troika aufdiktierten Sparmaßnahmen als verfassungswidrig einstuft, und neue Sparpakete kaum mehr zu schnüren sind, auch die Eckdaten der Wirtschaft sind ausser Kontrolle.

Portugal rutscht immer tiefer in die Rezession. Eine Rückkehr auf die Finanzmärkte, wie der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble und mit ihm die Troika noch vor wenigen Monaten prophezeite wird es nicht geben. Portugal wird so zum Symbol für das Scheitern der Austeritätspolitik.

Europa fällt auseinander. Die reichen Länder bewegen sich auf die Vollbeschäftigung zu, der Süden wird zur verbrannten Erde und einmal mehr zum reinen Lieferanten der Arbeitskräfte für Deutschland und seine unmittelbaren Nachbarn. Wer glaubt, dass die Politik aus Berlin und Brüssel Europa noch retten kann, liegt völlig falsch.

Die Menschen in Portugal aber auch in Griechenland, Zypern und Spanien vertrauen der EU längst nicht mehr. Nichts ist mehr sicher. Löhne und Sozialleistungen werden geopfert. Sparguthaben in Zypern und Spanien zur Rettung der Banken herangezogen.

War einst von Solidarität die Rede, um das Projekt Europa zu verkaufen, ist jetzt klar, dass diejenigen Recht hatten, die die Union als ein Projekt der Märkte geißelten. In guten Zeiten fielen Brosamen für den Süden ab, in schlechten Zeiten zeigt sich klar, wem Europa nützt.

Austeritätspolitik „Made in Germany“

Der deutschen Wirtschaft und den deutschen Banken. Sie verdienten und spekulierten in den heutigen Krisenländern fleißig mit. Während ihre Kunden, die Banken und Sparkassen in Südeuropa bankrott gehen, hat die Austeritätspolitik „Made in Germany“ die Geldgeber aus Deutschland und Frankreich aus der Schusslinie genommen.

Eine Ausweg aus dieser Situation ist kaum noch vorstellbar. Das Geld, das nötig wäre, um den Süden wieder aufzubauen, wurde, so absurd das klingen mag, dazu ausgegeben, die Länder dort im Dienste der Finanzwirtschaft totzusparen. Portugal zeigt: Die Sparpolitik hat den Süden über den Rand des Abgrundes geschoben. Die EU ist – auch wenn sie sich noch weiter dahinschleppt – längst Geschichte.

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Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.

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