Kommentar Präsidentschaftskandidat Romney: Romney führt die Sekte an

Mitt Romney ist Kandidat einer immer weiter abdriftenden Republikanischen Partei. Sollte er Präsident werden, kann er sich bei Obama bedanken.

Sieben Jahre nach seinem ersten Versuch ist Mitt Romney nun offiziell Präsidentschaftskandidat der Republikanischen Partei. Aber schon der erste Tag des republikanischen Parteitags in Florida macht wieder klar: Es wäre gut, wenn es dabei bliebe.

Mitt Romney und Paul Ryan als zukünftiges Präsidentenduo im Weißen Haus – das wäre mehr, als die USA und die Welt verkraften könnten. Die Republikaner inszenieren, gespickt von Lügen und haltlosen Behauptungen, einen Klassenkampf von oben, einen Generalangriff auf das bisschen, was in den USA von staatlicher Verantwortung für das Wohlergehen der Mehrheitsbevölkerung noch übrig ist.

Das ist an sich nicht neu – neu ist nur, dass es darüber innerhalb der Partei keine Diskussionen mehr gibt, und dass sie mit einem Kandidaten ins Rennen gehen, dessen gesamte berufliche Vita von zwei Elementen geprägt ist: Raubtierkapitalismus einerseits, politischer Opportunismus andererseits.

Verantwortung für andere als sich und seine Familie hat Mitt Romney nie übernommen, und es gibt nun wirklich gar keinen Grund anzunehmen, dass sich daran irgendetwas ändern würde, sollte er ins Weiße Haus einziehen, zumal als Kandidat dieser Partei, die mit ihrer schrecklichen Melange aus wirtschaftlichem Neoliberalismus und religiösem Fanatismus einen Freiheitsbegriff etabliert, der das im 20. Jahrhundert gewachsene Verständnis darüber, welche Aufgaben Staat hat und wo er sich herauszuhalten hat, ins exakte Gegenteil verkehrt.

Obama hat den Diskurs nicht verändert

In private Angelegenheiten wie Abtreibung und sexuelle Orientierung wollen sie sich einmischen, aus öffentlichen Pflichten wie Infrastruktur, Gesundheits- und Altersversorgung zurückziehen. Eine Regierung auf dieser Grundlage ist das letzte, was irgendjemand braucht. Nur: Warum hat Mitt Romney trotzdem Chancen gewählt zu werden?

Eine der wenigen Wahrheiten vom ersten Tag des republikanischen Parteitags kam aus dem Mund von Chris Christie, dem polternden republikanischen Gouverneur von New Jersey, den viele als zukünftigen Präsidentschaftskandidaten sehen. „Sehen Sie, Herr Präsident: Wirkliche Führungspersönlichkeiten achten nicht auf Umfragen – sie verändern Umfragen!“ rief Christie. Da hat er Recht, und das beschreibt korrekt den republikanischen Erfolg.

Obama hat es trotz aller Sendezeit nicht vermocht, den herrschenden Diskurs in den USA zu verändern. Seine Vision von den Aufgaben der öffentlichen Hand unterscheidet sich zwar fundamental von der der Republikaner – aber es ist ihm nicht gelungen, ihre Talking Points so abzuwehren, dass die Rechten in der öffentlichen Wahrnehmung als das dastehen, was sie eigentlich sind: Eine politisch gefährliche Sekte, deren Positionen eigentlich bei vernunftbegabten Menschen nur Kopfschütteln, mildes Lächeln und Wahlergebnisse unterhalb der 5-Prozent-Schwelle auslösen müssten.

Stattdessen ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen zu befürchten, mit noch ungewissem Ausgang am 6. November. Und selbst wenn es Romney nicht ins Weiße Haus schafft, verhindern die Republikaner im Kongress weiterhin jede notwendige Reform zum besseren. Es ist zum Haareraufen.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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