Kommentar Protest-Folgen: "Stuttgart 21" wird zu Merkels Problem

Es scheint, als rissen sie im Südwesten der Republik nicht nur ein Gebäude ein, sondern gleich die ganze CDU. Damit wird "Stuttgart 21" ein Thema für die Kanzlerin.

Bagger tragen jetzt den Nordflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofes ab. Das ist der Startschuss für "Stuttgart 21", jenes mit seiner ICE-Neubaustrecke mindestens 7 Milliarden Euro teure Bahnprojekt, dessen Tunnel insgesamt länger ausfallen sollen als der unter dem Ärmelkanal. Doch es scheint, als rissen sie im Südwesten der Republik nicht nur ein Gebäude ein, sondern gleich die ganze CDU. Denn mit jedem Stein, der in Stuttgart fällt, purzeln in Baden-Württemberg auch die Umfragewerte der schwarz-gelben Regierung unter Stefan Mappus in den Keller.

In der Südwest-CDU herrscht blanke Panik, denn im März nächsten Jahres sind Wahlen. Umfragen zufolge liegt Rot-Grün derzeit klar vor Schwarz-Gelb, die Grünen kommen auf einen Rekordwert von 24 Prozent. Damit wird Stuttgart 21 für Angela Merkel zum Problem.

Seit 1953 stellt die CDU den Ministerpräsidenten im Südwesten. Aus Sicht der Union darf Baden-Württemberg nicht fallen. Bisher hat die Kanzlerin die Schwaben mit ihrem Bahnhof vor sich hin wurschteln lassen, die CDU in Baden-Württemberg wiederum stand ohne jegliche Kritik hinter ihrem Prestigebau. Stuttgart 21 durchzudrücken war das wichtigste politische Projekt des ehemaligen Ministerpräsidenten Günther Oettinger.

ist Mitarbeiter im Inlandsressort der taz.

Merkel hatte bislang keinen Anlass, sich dem Thema zu widmen. Doch der Protest, den anfangs nur eine Handvoll lokaler Gegner aufgezogen hat, droht der Kanzlerin nun gefährlich zu werden. Die Argumente gegen das Projekt wiegen schwer: Es bringt kaum Nutzen, kostet wesentlich mehr als offiziell angenommen und zieht Gelder aus viel wichtigeren Projekten in ganz Deutschland ab. Eine Mehrheit der Bevölkerung haben die Gegner damit auf ihre Seite gebracht.

Höchste Zeit für Merkel, die Notbremse zu ziehen. Bleibt die Frage, wie sich das Projekt noch stoppen lässt. Bisher sind mit der Privatwirtschaft kaum Verträge geschlossen, sondern nur zwischen Bund, Land, der Stadt Stuttgart und der Deutschen Bahn. Ein Ausstieg wäre also noch möglich.

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Beschäftigte sich für die taz mit der Corona-Pandemie und Impfstoffen, Klimawandel und Energie- und Finanzmärkten. Seit Mitte 2021 nicht mehr bei der taz.

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