Kommentar Protestauftakt gegen G 20: Spielt doch mit den Schmuddelkindern

Die „Protestwelle“ gegen den Gipfel war nicht besonders hoch. Das lag am Wetter – und daran, dass die NGOs ein wichtiges Konfliktfeld meiden.

einige Demonstranten mit Cocktails

So viel wie erwartet war nicht los bei der „Protestwelle“ in Hamburg Foto: dpa

Wie sich die Zahlen doch ändern: Einst träumten viele von 100.000 Demonstranten zum G-20-Gipfel. Mit „mehreren Zehntausend“ Teilnehmern rechneten die Organisatoren der „Protestwelle“, dem offiziellen Demoauftakt vor dem Gipfel, dann nur noch. Bis am Sonntag bei strömendem Regen gerade einmal bis zu 10.000 Menschen kamen. Erwartungsmanagement war schon immer eine entscheidende Qualität von Protestveranstaltern. Aber ein Flop bleibt ein Flop bleibt ein Flop.

Einer der Gründe für diesen mauen Auftakt liegt darin, dass sich das G-20-kritische Bündnis auseinanderdividierte. Organisationen wie Campact, Greenpeace und der BUND wollten mit den vermeintlichen Schmuddelkindern, die zum Ende der Woche erwartet werden, nichts zu tun haben. Und so wirkte der Protest am Sonntag wie aus der Retorte, gepflastert mit Kampagnenfähnchen, die als Massenware verteilt wurden.

Damit verabschiedeten sich die Nichtregierungsorganisationen aus einem Konfliktfeld, in dem gerade ihre Stimme gefragt gewesen wäre. Denn wie derzeit die Bundesregierung aus Hamburg eine grundrechtsfreie Zone macht, ist bekämpfenswert.

Um ihre 38 Quadratkilometer große Demonstrationsverbotszone in Hamburgs City zu rechtfertigen, arbeitet auch die Regierung mit frisierten Zahlen. Erst waren es 4.000, dann „bis zu 8.000 Gewaltbereite“ und inzwischen „weit über 8.000 Extremisten“, die die Bundesregierung für die kommenden Tage erwartet.

Am 7. und 8. Juli treffen sich in Hamburg die Staatschefs der größten Industrie- und Schwellenstaaten zum G20-Gipfel. Die taz berichtet dazu in einem laufend aktualisierten Schwerpunkt und ab dem 1. Juli mit täglich 8 Sonderseiten.

Zwar wird es wohl zu vielen hässlichen Szenen kommen, aber so viele gewaltbereite Globalisierungsgegner, wie die Polizei behauptet, gibt es in Deutschland auch dann nicht, wenn man die Rentner der RAF mitzählt. Das tut aber die Polizei. Sie meint mit „Gewaltbereiten“ auch solche Gruppen, die sich zwar als „linksradikal“ bezeichnen, aber selbst erst aus dem Bruch mit der Militanz der 80er Jahre hervorgingen. Der Grund für die Schummelei liegt auf der Hand: Je mehr Grundrechte in Hamburg eingeschränkt werden, desto dunkler malen die Behörden die Bilder vom Protest.

Was dabei untergeht: Am Freitag kommen in Hamburg Gäste wie Donald Trump, Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdoğan zusammen. Es gibt jedes Recht, gegen deren Politik zu demonstrieren. Nicht mit falschen Erwartungen, sondern ruhig und klug und solidarisch.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.