Kommentar Prozess gegen Gu Kailai: Immer sind die Weiber schuld

In China ist es so: Wenn ein Funktionär etwas verbockt, war immer eine garstige Frau im Spiel. So ist es nun auch im Fall von Bo Xilai und seiner Frau.

Immer sind die Weiber schuld. Und in China sowieso. Dies scheint der Skandal um den Parteichef von Chongqing, Bo Xilai und seiner Gattin Gu Kailai einmal mehr zu belegen. Gu, so befand ein Gericht in der zentralchinesischen Provinz Anhui nach weniger als acht Stunden Verhandlung, hat den britischen Geschäftsmann Neil Heywood vergiftet. Auf Mord steht in China der Tod, die Strafe kann allerdings in lebenslange Haft umgewandelt werden, wenn Täter sich reuig zeigen und mit den Behörden kooperieren.

In den vergangenen Jahren war dies immer wieder so: Wenn ein Funktionär Millionen an Staatsgeldern unterschlug, sie im Spielerparadies Macao verzockte, sich auf schräge Deals mit Bauherren und Geschäftsleuten einließ, an deren Ende dicke Autos, Villen und ein Auslandsstudium für die Kinder stehen, dann war regelmäßig eine garstige Frau im Spiel. So jedenfalls haben es die offiziellen Medien häufig dargestellt. Mit dieser Version sollte Rufschaden von der Partei abgewendet werden – der arme Kerl konnte gar nicht anders.

Im Fall von Gu Kailai ist die Frau selbst die Mörderin. Gu hat die Tat gestanden. Mit einem ordentlichen Gerichtsverfahren hat das Geschehen nichts zu tun – alles wie gewohnt in China.

Bemerkenswert aber ist an diesem Prozess der große Abwesende: ihr Ehemann, der Exparteichef der Metropole Chongqing im Herzen Chinas, der sich große Hoffnungen auf eine Karriere an der KP-Spitze in Peking gemacht hatte. Bo war der König von Chongqing, in dem nur ein Gesetz galt: seines. Sein Pech war es, dass seine Gegner in der Parteispitze sich gegen ihn verbündeten.

Inzwischen hat er alle politischen Ämter verloren – deshalb konnte er auch seine Hand nicht mehr schützend über seine Frau halten. Ob er selbst jemals angeklagt werden wird, ist fraglich. Und so scheint das alte Muster der KP zu funktionieren: Immer sind die Weiber schuld.

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Bis Anfang 2012 Korrespondentin der taz in China, seither wieder in der Berliner Zentrale. Mit der taz verbunden seit über zwanzig Jahren: anfangs als Redakteurin im Auslandsressort, zuständig für Asien, dann ab 1996 Südostasienkorrespondentin mit Sitz in Bangkok und ab 2000 für die taz und andere deutschsprachige Zeitungen in Peking. Veröffentlichung: gemeinsam mit Andreas Lorenz: „Das andere China“, wjs-verlag, Berlin

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