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Alltag

Kommentar Raucherurteil Gegen den Gesundheitswahn

Der Bundesgerichtshof hat im Fall Adolfs vernünftig entschieden. Und der Mieter darf sich nun füglich auf sein Gewohnheitsrecht berufen.

Qualmt weiter: Mieter Friedhelm Adolfs. Bild: dpa

D er Bundesgerichtshof hat nur zu entscheiden, ob ein anderes Gericht nach Abwägung aller Fakten geurteilt hat. Dass der Bundesgerichtshof nun entschied, einen Spruch des Düsseldorfer Landgerichts zu kassieren, musste erwartet werden.

Die Landrichter hatten darüber zu entscheiden, ob einem Mieter die Wohnung gekündigt werden darf, weil er durch sein Rauchen andere Mieter belästigt. Karlsruhe nun wies den Rechtsstreit an die Kammer zurück, weil sie es bei dem Streit um Nikotinschwaden in Hausflur versäumt hat, einen Ortstermin anzuberaumen. Man könnte sagen: Der Bundesgerichtshof monierte, dass die Landrichter nur aus den Akten heraus der Räumungsklage zustimmten.

Insofern ließe sich sagen: Sie hatten sich von der um sich greifenden Gesundheitsideologie mitreißen lassen – ohne das Deliktuelle dort in Augenschein zu nehmen, wo die strittige Handlung (Kettenrauchen, 15 Stück am Tag) sich abspielte. Soweit, so gut oder schlecht, je nach Auffassung zum Rauchen.

Nicht die Gesundheit, nur die Belästigung ist zu beurteilen

Erstaunlich ist allerdings, dass die Vertreter des Bundesgerichtshof tatsächlich das Recht auslegten und sich nicht grundsätzlich zu einem Spruch hinreißen ließen, demzufolge das Rauchen in Mietwohnungen grundsätzlich untersagt sein kann. Oder womöglich noch klärt, dass der Genuss von Zigaretten unweigerlich zu Mieterhöhungen führen könnte.

Der Mieter jedenfalls, der aus seiner Wohnung nach Meinung seiner Nachbarn hinaus soll, kann sich füglich auf Gewohnheitsrecht berufen. Er wohnt schließlich schon seit vielen Jahren, länger als die meisten seiner Nachbarn, in dieser Wohnung.

Wichtig ist unter dem Strich hauptsächlich, dass der Bundesgerichtshof die Moral der allumfassenden Gesundheitlichkeit nicht zur Verhandlung stellte. Es ging lediglich um die Treue zur Zahlung einer angemieteten Wohnung. Zu prüfen bleibt für eine andere Düsseldorfer Landgerichtskammer, ob der Qualm dieses Mannes wirklich belästigt oder nicht.

Oder ob das nachbarliche Beschweren zum Üblichen zu zählen ist: Üblicher Hader und Zank von nur durch Wände getrennte Menschen – auszuhaltender Alltagsärger sozusagen, der unerträglich wurde in der Hoffnung, den Trumpf der Gesundheitsmoral ziehen zu können.