Kommentar Reform des Flüchtlingsrechts: Schikane und Stigmatisierung

Asylbewerber dürfen arbeiten, wenn Deutsche den Job nicht wollen. Dass die Union dies nun zur Disposition stellt, zeigt: Es ging um Abschreckung.

Als Rechtfertigung für das Arbeitsverbot dient der Schutz einheimischer Arbeitnehmer Bild: dpa

Wenn die Union für ihre harte Haltung in Sachen Asyl gescholten wird, verweist sie gern darauf, dass sie – gemeinsam mit der SPD – das Arbeitsverbot von Flüchtlingen auf drei Monate beschränkt hat. Das war ein richtiger Schritt, änderte aber für viele Betroffene nicht viel. Denn unangetastet bleiben sollte die Regelung, dass ein Job nur dann angenommen werden durfte, wenn sich kein passender deutscher Arbeitsloser findet.

Zur Rechtfertigung wurde gern der Schutz einheimischer Arbeitsloser vor zugewanderter Konkurrenz ins Feld geführt. Daran wurde auch in solchen Zeiten festgehalten, in denen nur sehr wenige Flüchtlinge kamen.

Jetzt stellt die Union die Regelung zur Disposition. Damit will sie die Zustimmung zu Verschärfungen an anderen Stellen des Asylrechts erkaufen. Das tut sie in einer Zeit, in der vergleichsweise viele Flüchtlinge kommen. Dass sich diese nun künftig alle einen Job suchen dürfen, ist offenbar kein Problem mehr. Das beweist, dass Arbeitsmarktpolitik beim Arbeitsverbot nie eine Rolle gespielt hat.

Tatsächlich ging es um Abschreckung und Schikane: Das Verbot macht die zum Nichtstun Verdammten auf Dauer psychisch fertig. Es stigmatisiert sie, weil – zutreffenderweise – immer wieder gegen sie vorgebracht wird, sie würden auf Kosten der Allgemeinheit leben. Es kostet Steuergelder, und zwar die der Kommunen, die für die Flüchtlinge aufkommen müssen – und von allen öffentlichen Haushalten am schlechtesten dastehen.

Als politische Manövriermasse taugt das Arbeitsverbot deshalb nicht. Es ist weder den Flüchtlingen selbst noch den Städten noch den BeitragszahlerInnen zuzumuten, Asylsuchende vom Arbeitsmarkt auszuschließen. Die CDU sollte endlich seiner restlosen Abschaffung zustimmen – bedingungslos.

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Seit 2006 bei der taz, zuerst bei der taz Nord in Bremen, seit 2014 im Ressort Reportage und Recherche. Im Ch. Links Verlag erschien von ihm im September 2023 "Endzeit. Die neue Angst vor dem Untergang und der Kampf um unsere Zukunft". 2022 und 2019 gab er den Atlas der Migration der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit heraus. Zuvor schrieb er "Die Bleibenden", eine Geschichte der Flüchtlingsbewegung, "Diktatoren als Türsteher" (mit Simone Schlindwein) und "Angriff auf Europa" (mit M. Gürgen, P. Hecht. S. am Orde und N. Horaczek); alle erschienen im Ch. Links Verlag. Seit 2018 ist er Autor des Atlas der Zivilgesellschaft von Brot für die Welt. 2020/'21 war er als Stipendiat am Max Planck Institut für Völkerrecht in Heidelberg. Auf Bluesky: chrjkb.bsky.social

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