Kommentar Reisen und Klimaschutz: Bahnfahren muss billiger werden

Die Deutsche Bahn will Deutschland beim Klimaschutz voranbringen. Besser spät als nie – aber dann muss sie als Erstes ihre Preise anpassen.

Deutsche Bahn-Chef Richard Lutz

Endlich! Bahnchef Lutz entdeckt sein Unternehmen als tragende Säule der Verkehrswende Foto: Michael Kappeler/dpa

Es klingt durchaus ermutigend: Die Deutsche Bahn will schneller als geplant klimafreundlich werden und schon bis zum Jahr 2038 – statt erst bis 2050 – nur noch mit Ökostrom fahren. Die ManagerInnen möchten, dass der Konzern die Bundesrepublik beim Klimaschutz „entscheidend voranbringt“. Sie sehen offenbar ein, dass die Bahn eine tragende Säule der Verkehrswende hin zu einer klimafreundlichen Mobilität ist. Eine verspätete Einsicht ist besser als keine.

Die Bahn bekenne sich zu ihrer Verantwortung für die Gesellschaft, sagte Bahnchef Richard Lutz, nachdem der Aufsichtsrat seine neue Strategie „Starke Schiene“gebilligt hatte. Es mutet dabei seltsam an, dass der Vorstandsvorsitzende eines zu 100 Prozent in Staatsbesitz befindlichen Konzerns so etwas betont. Die Bahn ist Teil der Daseinsvorsorge. Selbstverständlich hat sie als Rückgrat des Verkehrsnetzes gesellschaftliche Verantwortung.

Leider ist Lutz’ Bekenntnis eben alles andere als selbstverständlich – und deshalb umso wichtiger. Es zeigt: Anders als alle seine Vorgänger seit der großen Reform mit dem Zusammenschluss von Bundes- und DDR-Bahn im Jahr 1994 sieht der heutige Bahnchef in dem Großunternehmen nicht nur einen Konzern, der auf Kosten gesellschaftlich nötiger Aufgaben unbedingt Profit erwirtschaften soll.

Das ist eine überfällige Kurskorrektur. Sie weckt Hoffnungen auf die neue Bahn der Zukunft – mit guten Verbindungen, pünktlichen Zügen und unbeschwertem Reisekomfort.

Rückendeckung von Scheuer

Nur: Es ist ungewiss, ob es die Wohlfühlbahn als Alternative zum Auto in Deutschland in absehbarer Zeit wirklich geben wird. Denn für all die schönen Ankündigungen wie den Kauf von 120 weiteren Fernzügen oder die Einstellung von 100.000 neuen Leuten fehlt der Finanzierungsplan.

Zwar erfolgt Lutz’ Kurskorrektur mit der Rückendeckung von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Aber dass der Minister die nötige Durchsetzungskraft in der Bundesregierung hat, um die erforderlichen vielen, vielen Milliarden Euro im Bundeshaushalt lockerzumachen, darf bezweifelt werden. Falls er das überhaupt will.

Vor allem fehlt eines: Die Bahn hat keine Pläne, ihre Tickets billiger und das komplexe Preissystem einfacher zu machen. Das ist fatal. Solange es billiger ist, das Flugzeug zu nehmen, werden viele Menschen trotz besseren Wissens nicht auf die Bahn umsteigen – die einen können, die anderen wollen es sich nicht leisten.

Wenn Bahnchef Lutz und seine KollegInnen den Klimaschutz wirklich voranbringen wollen, dann müssen sie für günstige Fahrkarten sorgen. Und zwar schnell.

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